FinMin Thüringen, Erlaß v. 10.11.1998, S 7104 A - 14 - 202.2
In der Verfügung der OFD Erfurt vom 21.7.1997 wird unter Tz. 1. 1. die Auffassung vertreten, daß eine sog. Vorgründungsgesellschaft i.d.R. auf die Gründung einer GmbH gerichtet ist und grundsätzlich nicht unternehmerisch tätig wird. Der Vorsteuerabzug für bereits bezogene Lieferungen oder Leistungen sei grundsätzlich zu versagen. An dieser Rechtsauffassung ändere sich auch durch das EuGH-Urteil vom 29.2.1996, Rs. C-110/94 (BStBl 1996 II S. 655) nichts welches zur Unternehmereigenschaft von umsatzlosen Unternehmern ergangen ist.
Die Angelegenheit wurde von den Umsatzsteuerreferenten der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder erörtert. Die Erörterung führte zu folgendem Ergebnis:
Bei der Gründung eines Unternehmens in der Rechtsform einer GmbH finden sich i.d.R. vor der notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrages zwei oder mehr Personen zur sog. Vorgründungsgesellschaft zusammen. Diese ist darauf gerichtet, in der Form einer GmbH ein Unternehmen zu gründen. Da es nicht ausgeschlossen ist, daß später keine GmbH gegründet wird, sondern einer anderen Rechtsform der Vorzug gegeben wird, ist der Zweck der Vorgründungsgesellschaft nicht nur in der Gründung einer Gesellschaft sondern vielmehr in der Vorbereitung des künftigen gemeinsamen Unternehmens zu sehen. Die vorbereitende Tätigkeit kann bis zur Aufnahme des Geschäftsbetriebes andauern.
Die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft ist unabhängig von der späteren Gründungs- bzw. Kapitalgesellschaft zu beurteilen, da sie als eigenständiges Rechtssubjekt anzusehen ist. Hierbei sind folgende Fälle zu unterscheiden:
Die Vorgründungsgesellschaft führt selbst nachhaltig Leistungen gegen Entgelt aus (z.B. weil die unternehmerische Tätigkeit bereits in der Gründungsphase aufgenommen wird).
In diesem Fall ist die Unternehmereigenschaft der Vorgründungsgesellschaft zu bejahen mit der Folge, daß ihr unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG der Vorsteuerabzug zusteht.
- Die Vorgründungsgesellschaft führt nachhaltig keine entgeltlichen Leistungen aus, sondern überträgt lediglich (ggf. entgeltlich) die von anderen Unternehmern bezogenen Leistungen (z.B. Einrichtungsgegenstände, Marktanalysen o.ä.) auf die Vorgesellschaft (Gründungsgesellschaft).
In diesem Fall ist die Unternehmereigenschaft der Vorgründunggesellschaft nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens zum umsatzlosen Unternehmer vom 2.12.1996 (BStBl 1996 I S. 1461) zu beurteilen. Danach beginnt die Unternehmereigenschaft mit den ersten nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen ernsthaft beabsichtigt ist und die Ernsthaftigkeit dieser Absicht durch objektive Merkmale nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird. Da der Zweck der Vorgründungsgesellschaft auch in der Vorbereitung des späteren Unternehmens besteht, ist in diesem Gründungsstadium die Unternehmereigenschaft nicht grundsätzlich zu verneinen. Hinsichtlich der Begründung der Unternehmereigenschaft und der Gewährung des Vorsteuerabzugs kommt es bei der Vorgründungsgesellschaft auf die Art der Vorbereitungshandlungen an.
Sofern die Vorgründungsgesellschaft bereits an sie ausgeführte Umsätze auf die Gründungsgesellschaft entgeltlich weiterüberträgt, kann dieser (Hilfs-)Umsatz als für den Vorsteuerabzug maßgebende erstmalige Verwendung angesehen werden.
Nach den Grundsätzen des o.g. BMF-Schreibens vom 2.12.1996 zum umsatzlosen Unternehmer (a.a.O.) ist auch zu verfahren, wenn eine Privatperson beabsichtigt, ein Unternehmen zu gründen und vor der Ausführung von Umsätzen den Entschluß faßt, das Unternehmen in der Form einer Ein-Mann-GmbH zu führen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1