Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Nach § 23 UStG in Verbindung mit den §§ 69, 70 UStDV darf die Vorsteuer pauschaliert werden, wenn die folgenden Voraussetzungen gleichzeitig vorliegen:
- Der Unternehmer/Freiberufler gehört zu einer der begünstigten Berufsgruppen,
- Der Unternehmer/Freiberufler darf seinen Gewinn mit einer Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, d. h., er muss nicht bilanzieren.
- Der Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr hat nicht mehr als 61.356 EUR betragen.
- Mit Urteil vom 23.7.2009 hat der BFH entschieden, dass Voraussetzung der Vorsteuerpauschalierung nach § 23 UStG i. V. m. § 70 UStDV die leichte und eindeutige Zuordnung zu einer der in § 70 UStDV genannten Berufsgruppen ist. Übersetzer sind laut BFH keine "Schriftsteller" im Sinne der Anlage zu den §§ 69 und 70 UStDV, sodass für Übersetzer kein Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen in Betracht kommt.
5.1 Keine Buchführungspflicht
Die Vorsteuer darf nur dann nach Durchschnittswerten pauschaliert werden, wenn der Unternehmer/Freiberufler nicht buchführungspflichtig ist. Freiberufler sind nie buchführungspflichtig. Bei Gewerbetreibenden gelten die Grenzwerte des § 141 AO (Gewinngrenze von 60.000 EUR und Umsatzgrenze von 600.000 EUR). Aber: Auch wenn Sie einen der Grenzwerte überschritten haben, sind Sie für Zwecke der Besteuerung erst dann buchführungspflichtig, wenn das Finanzamt Sie dazu aufgefordert hat.
Ergebnis: Immer dann, wenn jemand zulässigerweise eine Einnahmen-Überschussrechnung erstellt, darf er die Vorsteuer pauschalieren. Wenn jemand freiwillig bilanziert, ist er nicht buchführungspflichtig. Das bedeutet, dass er auch dann die Vorsteuer pauschalieren darf. Maßgebend ist die Verpflichtung und nicht, wie er den Gewinn tatsächlich ermittelt.
5.2 Umsatzgrenze 61.356 EUR
Der Umsatz darf im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 61.356 EUR betragen haben (§ 63 Abs. 3 UStDV). Ist dieser Grenzwert überschritten, muss die Vorsteuer nach den allgemeinen Grundsätzen ermittelt werden. Bei dem Grenzwert von 61.356 EUR ist auf den Umsatz abzustellen, der im jeweiligen Berufs- oder Gewerbezweig erzielt worden ist. Umsätze, die außerhalb dieses Rahmens liegen, werden bei der Ermittlung des Grenzwerts nicht berücksichtigt.
Möglichkeit der Pauschalierung für schriftstellerische Tätigkeit
Herr Huber erzielt als Patentanwalt einen Umsatz von 68.000 EUR. Daneben hatte er Umsätze aus schriftstellerischer Tätigkeit in Höhe von 28.000 EUR. Es handelt sich um unterschiedliche Tätigkeiten. Er darf die Vorsteuer pauschalieren, weil es sich bei beiden Tätigkeiten um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, bei denen der Gewinn mit einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt werden kann. Da für beide Tätigkeiten pauschale Sätze existieren, kann Herr Huber beide Sätze nebeneinander anwenden.
Umsätze als Patentanwalt = 68.000 EUR × 1,7 % = |
1.156 EUR |
Umsätze als Schriftsteller = 28.000 EUR × 2,6 % = |
728 EUR |
pauschale Vorsteuer insgesamt = |
1.884 EUR |
Herr Huber erfasst die Umsätze in dem Jahr, in dem auch die Umsatzsteuer entsteht. Bei der Ist-Besteuerung kommt es darauf an, wann die Einnahmen zugeflossen sind. Bei einer Soll-Besteuerung kommt es darauf an, wann Herr Huber die Leistung erbracht hat. Einfuhren (= Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer) und der innergemeinschaftliche Erwerb bleiben unberücksichtigt. Ebenso werden auch die folgenden umsatzsteuerfreien Umsätze nicht berücksichtigt:
- Zahlungsmittel- und Bankumsätze,
- Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen,
- Versicherungsschutz und die Verschaffung von Versicherungsschutz sowie
- dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen.