Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Sofern keine andere Aufteilung wirtschaftlich möglich ist, sind gemischt verwendete Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen. Grundsätzlich ist auch eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Arbeitszeit nicht ausgeschlossen.
Sachverhalt
Der Antragsteller erzielte gewerbliche Einkünfte aus einer Versicherungsmakler-Tätigkeit. Später kam die Vermittlung von Immobilien und Grundstücken hinzu sowie Wirtschafts- und Unternehmensberatung. Außerdem erweiterte er seine Tätigkeit um das Gebiet Buchführungsbüro gem. § 6 Ziffer 3 und 4 StBerG. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung wurde festgestellt, dass er die Vorsteuerbeträge aus seinen Betriebsausgaben weitgehend in voller Höhe geltend gemacht hatte. Eine Zuordnung der vorsteuerbehafteten Aufwendungen zu den umsatzsteuerpflichtigen und den umsatzsteuerfreien Umsätzen konnte er nicht nachweisen. Das Finanzamt hat die vorsteuerbehafteten Aufwendungen, die teilweise für die nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfreien Ausgangsleistungen als Versicherungsvermittler verwendet wurden, nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt.
Entscheidung
Der bei Gericht gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte keinen Erfolg. Die vom Finanzamt vorgenommene Vorsteueraufteilung war rechtlich nicht zu beanstanden. Dass er selbstständige umsatzsteuerpflichtige Unternehmensberatungsleistungen erbracht hat, konnte der Antragsteller offenbar gar nicht glaubhaft machen. Ebenso hält es das Gericht nicht für möglich, dass der einheitliche Vorgang der Versicherungsvermittlung mit vorausgehender Beratung nicht zerlegt werden kann, selbst wenn der Abnehmer damit einverstanden ist. Beratungsverträge wurden weder vorgelegt noch solche Leistungen selbstständig abgerechnet. Deshalb seien auch etwaige Beratungsleistungen nach § 4 Nr. 11 UStG steuerbefreit.
Hinweis
Eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel ist gem. § 15 Abs. 4 S. 3 UStG nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich ist. Nach Ansicht des Finanzgerichts kam im Streitfall keine anderweitige Aufteilung in Betracht, weshalb es den von der Finanzverwaltung angewandten Umsatzschlüssel nicht beanstandete. Die Richter haben sich ausführlich mit den EG-rechtlichen Vorgaben zur Vorsteueraufteilung auseinander gesetzt und darauf hingewiesen, dass dem Grunde nach auch eine Aufteilung nach zeitlichen Gesichtspunkten in Betracht käme. Mangels besonderer Aufzeichnungen bzw. geeigneter Unterlagen konnte dies im Streitfall nicht umgesetzt werden. In der Praxis dürfte sich allerdings regelmäßig ein anderer geeigneter Vorsteueraufteilungsmaßstab finden lassen, weshalb § 15 Abs. 4 S. 3 UStG die Vorsteueraufteilung nach einem Umsatzschlüssel in den meisten Fällen faktisch ausschließt. Vor diesem Hintergrund hält das Niedersächsische Finanzgericht (vgl. Urteil v. 23.4.2009, 16 K 271/06) die deutsche Regelung für europarechtswidrig. Nach dieser Entscheidung können sich Steuerpflichtige unmittelbar auf eventuell günstigeres Gemeinschaftsrecht berufen. Dies ist insbesondere bei Vorsteuerbeträgen interessant, die mit Gebäuden in Verbindung stehen, weil nach Ansicht der Finanzverwaltung hier die Aufteilung nach Nutzfläche den Regelaufteilungsmaßstab darstellt.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Beschluss vom 26.01.2009, 8 V 1385/07