Leitsatz

Keine Wiedereinsetzung bei Prozessunfähigkeit des steuerlichen Beraters wegen höherer Gewalt

 

Sachverhalt

Versäumt der Steuerpflichtige die Einspruchsfrist, kann ihm unter den Voraussetzungen des § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Als zeitliche Obergrenze gilt die Jahresfrist (§ 110 Abs. 3 AO). Das bedeutet, dass nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht mehr beantragt werden kann, es sei denn, die Antragstellung oder die Nachholung der versäumten Handlung wäre infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen. Dabei ist höhere Gewalt ein Ereignis, dass nach den Umständen des Falles auch nicht durch die äußerste, dem Betroffenen zumutbare Sorgfalt in seinen schädlichen Folgen abgewendet werden kann. Gemeint sind insbesondere Naturkatastrophen oder ähnliche unabwendbare Ereignisse (§ 233 Abs. 1 ZPO). Außerdem muss ein auch nur geringfügiges Verschulden des Steuerpflichtigen ausgeschlossen sein.

 

Entscheidung

Vor diesem Hintergrund hat dass FG Hamburg entschieden, dass die über ein Jahr andauernde Erkrankung und damit Prozessunfähigkeit des steuerlichen Beraters keine Wiedereinsetzung nach Ablauf der Jahresfrist rechtfertigen, wenn ihm die steuerlichen Folgen bekannt waren und er überdies während der Jahresfrist noch von einem weiteren steuerlichen Berater vertreten wurde.

 

Hinweis

Der Steuerpflichtige, der - z.B. nach Teilnahme an der Schlussbesprechung als Ergebnis einer Außenprüfung - weiß, was auf ihn zukommt, muss daher reagieren und sich bei dauerhafter Erkrankung seines Steuerberaters entweder selbst um die Angelegenheit kümmern oder einen anderen Berater bemühen. Man kann es nicht oft genug betonen: Ein einfaches, kurzes Einspruchsschreiben innerhalb der Rechtsbehelfsfrist reicht aus, um den Fall zunächst offen zu halten und all diesen - vermeidbaren - Problemen aus dem Weg zu gehen.

 

Link zur Entscheidung

FG Hamburg, Urteil vom 18.09.2002, II 443/01

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