OFD Frankfurt/M, Verfuegung v. 18.03.2024, S 2342 A-00067
Nach § 3 Nr. 36 EStG sind Einnahmen für Leistungen zur Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung bis zur Höhe des Pflegegeldes nach § 37 Sozialgesetzbuch (SGB) XI steuerfrei, wenn diese Leistungen von Angehörigen des Pflegebedürftigen oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllen, erbracht werden.
Weitergeleitete Erstattungen der Sozialversicherungsträger sind jedoch nur steuerfrei, soweit diese das Pflegegeld der Stufe III nach § 37 SGB XI nicht übersteigen. Nicht erfasst von der Steuerbefreiung sind vom Pflegebedürftigen selbst zusätzlich gewährte Vergütungen. Dies gilt auch, wenn die "Gesamtvergütung" unterhalb der Höhe des Pflegegelds nach § 37 SGB XI bleibt.
Von einer sittlichen Verpflichtung im Sinne des § 3 Nr. 36 EStG i.V.m. § 33 Abs. 2 EStG kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn die Pflegeperson für nicht mehr als zwei Pflegebedürftige tätig wird. Sofern es sich bei Pflegeperson und Pflegebedürftigen um Angehörige handelt gilt diese Beschränkung nicht.
Außer auf Leistungen an Pflegebedürftige im Sinne des SGB XI ist § 3 Nr. 36 EStG auch auf vergleichbare Fälle von weitergeleiteten Erstattungen für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung von Hilfsbedürftigen anzuwenden.
Solche vergleichbaren Fälle liegen vor bei
- Erstattungen von Krankenversicherungen nach § 37 SGB V für häusliche Pflege durch Privatpersonen, für selbst beschaffte Haushaltshilfen nach § 38 Abs. 4 SGB und so genannte Verhinderungspflege nach § 39 SGB V sowie für entsprechende Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und Gesetzen, die das BVG für entsprechend anwendbar erklären,
- Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung,
- Leistungen aus öffentlichen Kassen auf Grund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge,
- Leistungen der Beihilfe nach den Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder und Leistungen der freien Heilfürsorge (oder unentgeltliche truppenärztliche Versorgung), wenn der Betreffende trotz Pflegebedürftigkeit (vorübergehend) noch im aktiven Dienst ist (bzw. im Einzelfall sein sollte),
- Leistungen im Sozialhilferecht (SGB XII),
- entsprechende Leistungen aus dem Ausland oder von einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung.
Hinsichtlich der Verhinderungspflege ist Folgendes zu beachten:
Das Sozialrecht unterscheidet zwischen der eigentlichen Pflegeperson, für die sich die Anspruchsgrundlage auf Pflegegeld aus § 37 SGB XI ergibt, und der Person, die im Falle der Verhinderung der eigentlichen Pflegeperson die Pflege vertretungsweise übernimmt. Für diese sogen. Verhinderungspflege ergibt sich die Anspruchsgrundlage aus § 39 SGB XI.
Steuerlich wird jedoch nicht zwischen der eigentlichen Pflege und der Verhinderungspflege unterschieden. § 3 Nr. 36 EStG enthält eigenständige Tatbestandsmerkmale für die Gewährung der Steuerfreiheit, die von den Regelungen des SGB XI unabhängig sind. Soweit bei der Verhinderungspflege die Voraussetzungen des § 3 Nr. 36 EStG erfüllt sind, kommt hierfür die Steuerbefreiung dem Grunde nach in Betracht, lediglich von der Höhe her erfolgt auch bei der Verhinderungspflege die Begrenzung auf die Beträge des § 37 SGB XI.
Soweit bei der Verhinderungspflege die Tatbestandsmerkmale des § 3 Nr. 36 EStG nicht erfüllt sind oder höhere Beträge gezahlt werden als die in § 37 SGB XI genannten, besteht Steuerpflicht.
Nach § 45b SGB XI haben Pflegebedürftige in häuslicher Pflege Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 EUR monatlich. Dieser Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags.
Erhält ein Pflegebedürftiger diesen Entlastungsbetrag und leitet ihn weiter, so wird der Sachverhalt ebenfalls von § 3 Nr. 36 EStG erfasst.
Die steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 36 EStG unterliegen – wie auch Leistungen aus einer Kranken-, Pflege- und gesetzlichen Unfallversicherung gem. § 3 Nr. 1a EStG – nicht dem Progressionsvorbehalt.
Besprechung zu dieser Verwaltungsanweisung
Normenkette
EStG § 3 Nr. 36
EStG § 3 Nr. 26