Prof. Dr. Sven Reinecke, Dipl.-Kffr. Jasmin Eberharter
Bei der Marketingbudgetierung handelt es sich um eine grundlegende Marketingcontrollingaufgabe, in deren Rahmen Unternehmen sowohl über die Höhe als auch über die Verteilung ihrer für das Marketing einzusetzenden finanziellen Ressourcen zu entscheiden haben. Angesichts ihres hohen Anteils an den Gesamtkosten und ihres schwer zu erfassenden betriebswirtschaftlichen Nutzens stehen Marketingmaßnahmen in vielen Unternehmen seit einiger Zeit verstärkt im Mittelpunkt von Rationalisierungsprozessen des Top-Managements, das den Ausweis und die Maximierung eines messbaren Beitrags des Marketings zum Unternehmenserfolg bzw. -wert einfordert.
Da Unternehmen i. d. R. mehrere Ansätze und Methoden zur Planung der Höhe des (aggregierten) Marketing- und Vertriebsbudgets heranziehen und kombinieren, wurden die Befragten gebeten, bis zu drei der von ihnen primär für die Marketingbudgetierung genutzten Ansätze und Methoden zu nennen.
Bei der Budgetierung dominiert Managementerfahrung
Wie die in Abb. 4 dargestellten Ergebnisse zeigen, ist die Marketingbudgetierung in der Unternehmenspraxis stark geprägt durch inkrementelle und induktive Verfahren. Problematisch erscheint, dass die Planung des Marketingbudgets in den meisten Fällen primär auf Managementerfahrung und -intuition beruht und somit die Rationalität schwer zu überprüfen ist. Ebenso ziehen über 50 % der Unternehmen für die Marketingbudgetfestlegung das Marketingbudget der Vorperiode heran, was einen vergangenheitsorientierten und wenig outputorientierten Fortschreibungsansatz impliziert. Differenzierte zielorientierte Methoden, die über Umsatz oder Absatz hinausgehen, sind relativ selten anzutreffen. Einen geringen Stellenwert nehmen beispielsweise branchen- bzw. wettbewerbsbezogene Größen für die Marketingbudgetierung (Abb. 4: branchenübliche Werte = 6,9 %, Marketingbudgets der Hauptwettbewerber = 1,9 %) ein. Dies dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass diese Werte außerhalb der marktforscherisch besonders gut erschlossenen Konsumgüterbranchen lediglich mit großem Aufwand erhältlich sind.
Abb. 4: Marketing- und Vertriebsbudgetierung
Spielraum für Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen
Des Weiteren wurden die Studienteilnehmenden gebeten, einzuschätzen, auf welchen Teil des Marketingbudgets man verzichten könnte, ohne dass sich dies maßgeblich (negativ) auf den Umsatz des Unternehmens auswirken würde (s. Abb. 5). Dabei offenbart sich ein nicht unerhebliches Potenzial von über 13 % des aktuellen Marketingbudgets. Dieser Wert ist sogar höher als jener aus einer Studie des Jahres 2005, die das Institut für Marketing und Handel damals mit der GfK in der Schweiz durchgeführt hat. Trotz des anhaltenden Drucks auf die Marketingbudgets und trotz Wirtschaftskrise sehen die Führungskräfte somit nach wie vor Spielraum für Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen im Marketing.
Relativierend ist allerdings hinzuzufügen, dass die Bezeichnung "Verschwendung" nicht immer ganz zutreffend ist. Insbesondere ist der Zeitraum zu betrachten: Das Marketingbudget lässt sich in einigen Situationen durchaus ohne nachhaltige Umsatzbeeinträchtigung kurzfristig reduzieren - nicht jedoch langfristig.
Abb. 5: Einsparungspotenzial beim Marketingbudget