Leitsatz
Zahlungen, die der Einführer von Waren an einen im Drittland ansässigen Dritten für Schadstoff- und Qualitätsprüfungen gezahlt hat, um eine Vertragskonformität der eingeführten Waren sicherzustellen, gehören zum Zollwert.
Normenkette
Art. 29, Art. 31 ZK, Art. 70, Art. 74 Abs. 3 UZK
Sachverhalt
Die Klägerin hatte aus der Volksrepublik China für sie dort hergestellte Waren eingeführt und zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldet. Die Hersteller hatten sich vertraglich verpflichtet, diese Waren unter Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen zu liefern, u.a. durften chemische Inhaltsstoffe nur im Rahmen der nach dem Unionsrecht zulässigen Grenzen enthalten sein. Auf Anweisung der Klägerin sandten die Hersteller Muster an die V, die aufgrund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags Schadstoff- und Qualitätsprüfungen durchführte. Die entstandenen Kosten für diese Schadstoff- und Qualitätsprüfungen gab die Klägerin bei der Anmeldung der Waren zur Überführung in den freien Verkehr nicht an.
Das HZA erhob Zoll nach, weil es der Auffassung war, dass die Kosten der Schadstoff- und Qualitätsprüfungen den Zollwert der Waren erhöhten. Dabei legte das HZA einen Zuschlagsatz von 2,03 % zugrunde, weil die von der V berechneten Kosten nicht konkreten Einfuhren zugeordnet werden konnten. Einspruchsverfahren und Klage blieben erfolglos.
Das FG gab dem HZA Recht. Die Zahlungen für die Durchführung der Qualitäts- und Schadstoffuntersuchungen seien eine Bedingung für die Kaufgeschäfte und an einen Dritten zugunsten der Verkäufer geleistet worden (FG Düsseldorf, Urteil vom 5.11.2018, 4 K 3225/17 Z, Haufe-Index 13595793).
Entscheidung
Der BFH hält die Zollwertfestsetzung des HZA für zutreffend, hat jedoch das Urteil des FG teilweise aufgehoben, weil das HZA Zoll teilweise doppelt nacherhoben hatte.
Hinweis
1. Wie der EuGH mit Urteil Sommer (C-15/99, EU:C:2000:574, Rz. 24 und 27) entschieden hat, sind die Kosten der Analysen zum Nachweis der Konformität der eingeführten Waren mit den nationalen Rechtsvorschriften des Einfuhrmitgliedstaats, die der Importeur dem Käufer zusätzlich zum Preis der Waren in Rechnung stellt, als Bestandteil des "Transaktionswerts" anzusehen. In diesem Zusammenhang war für den EuGH maßgeblich, dass die nach der Einfuhr zum Qualitätsnachweis durchgeführten Analysen eine zur vertragsgemäßen Lieferung der Ware erforderliche Maßnahme dargestellt hatten und sich der wirtschaftliche Wert der Ware durch die Bescheinigung ihrer Qualität erhöht hatte.
Von diesem Fall unterschied sich der Streitfall dadurch, dass die Klägerin als Käuferin – und nicht der Verkäufer – die Analysen durch einen Dritten in Auftrag gegeben und bezahlt hatte. Die Klägerin meinte nun, nicht alle Zahlungen, die der Käufer gleichgültig an wen leiste, um die eingeführten Waren zu erhalten, sollten den Transaktionswert erhöhen.
2. Der BFH ist dieser Ansicht nicht gefolgt und hat die EuGH-Entscheidung Sommer auf den Streitfall angewandt. Maßgeblich sind die Bedingungen, zu denen das einzelne Kaufgeschäft durchgeführt wird.
Ergibt sich aus der Vereinbarung, dass der Verkäufer bestimmte Qualitätsanforderungen oder gesetzliche Vorgaben (Sicherheitsstandards) zu erfüllen hat, handelt es sich bei den Kosten für entsprechende Untersuchungen und Analysen um abgespaltene Kaufpreisbestandteile, die gemäß Art. 29 Abs. 3 Buchst. a ZK zum Transaktionswert gehören. Denn diese Zahlungen sind als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren anzusehen und dienen dazu, eine Verpflichtung des Verkäufers zu erfüllen. Zudem erhöht sich infolge der Bescheinigung der Schadstofffreiheit und der qualitativen Anforderungen an die Ware deren wirtschaftlicher Wert (vgl. dazu EuGH-Urteil Sommer, C-15/99, EU:C:2000:574, Rz. 26).
3. Ob der Auftrag zur Durchführung der Analysen vom Verkäufer, vom Käufer oder vom Importeur erteilt wird, ist nicht ausschlaggebend, weil es sich in allen Fällen um Kosten handelt, die entstehen, um die Einhaltung der vertraglich vereinbarten Anforderungen an die bestellten Waren zu überprüfen und sicherzustellen.
4. Schließlich hat sich der BFH mit den verschiedenen Methoden der Zollwertermittlung befasst. Im Streitfall kam er zur Anwendung der Schlussmethode nach Art. 31 ZK bzw. Art. 74 Abs. 3 UZK, insbesondere weil die genannten Kosten für die Schadstoff- und Qualitätsprüfungen nicht einzelnen Einfuhren zugeordnet werden konnten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.3.2021 – VII R 24/19