Leitsatz
Durch einen Antrag auf Aufhebung eines Bescheids, mit dem das FA die Änderung eines Steuerbescheids abgelehnt hat, wird der Gegenstand des Klagebegehrens hinreichend bezeichnet. Aus dem Antrag wird eindeutig erkennbar, dass der Kläger den Ablehnungsbescheid dem Grunde nach angreift.
Normenkette
§ 65 FGO
Sachverhalt
Das FA hatte es abgelehnt, den ESt-Bescheid zu ändern und weitere Werbungskosten in Höhe von rd. 860 000 DM zu berücksichtigen. Darauf erhob der anwaltlich vertretene Kläger Klage im Wesentlichen mit folgendem Antrag: "Der Bescheid betreffend die Ablehnung der Änderung des ESt-Bescheids für das Jahr 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... ist aufzuheben."
Unmittelbar nach Klageeingang forderte das FG den Kläger auf, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen, und setzte ihm insoweit gem. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO eine Ausschlussfrist. Diese Verfügung war zusätzlich mit Ausschlussfristen nach §§ 79b Abs. 1 FGO (Fristsetzung zur Angabe von Tatsachen) und 62 Abs. 3 FGO a.F. (Vorlage der Vollmacht) verbunden. Daraufhin bezeichneten die Klägervertreter – unter Vorlage der Vollmacht – den "Gegenstand des Klagebegehrens" fristgerecht im Wesentlichen dahingehend, dass "der Ablehnungsbescheid über den Antrag auf Änderung des Bescheids für 1996 vom ..." streitig sei.
Daraufhin teilte das FG mit, diese Angaben reichten nicht aus. Die Klage sei infolge der Versäumung der Ausschlussfrist nach § 65 FGO unzulässig geworden. Antragsgemäß verlängerte das FG jedoch die Frist zur Klagebegründung.
Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Innerhalb der Ausschlussfrist habe der Kläger den Gegenstand des Klagebegehrens nicht hinreichend bezeichnet.
Entscheidung
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers machte der BFH von der Möglichkeit des § 116 Abs. 6 FGO n.F. Gebrauch. Er hob – ohne von der Zulassung der Revision Gebrauch zu machen – die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Den Verfahrensfehler sah der BFH darin, dass das FG durch unzutreffende Anwendung der Präklusionsvorschriften das rechtliche Gehör des Klägers verletzt habe. Der Kläger habe den Gegenstand des Klagebegehrens bereits in der Klageschrift hinreichend bezeichnet.
Hinweis
Dem vorliegenden Beschluss ist deutlich das Unbehagen des BFH über die Praxis verschiedener FGs anzumerken, Präklusionsvorschriften über Gebühr anzuwenden, mit der Folge einer Minderung des Rechtsschutzes der betroffenen Steuerpflichtigen. Zwei Punkte sind an dem Beschluss bemerkenswert.
1. Zum einen wird nochmals ausführlich dargelegt, welche Anforderungen vernünftigerweise an den Inhalt einer Klageschrift zu stellen sind.
Die einschlägige Vorschrift des § 65 Abs. 1 FGO enthält Soll- und Mussvoraussetzungen. Die Klage muss ... den Gegenstand des Klagebegehrens (früher: Streitgegenstand) bezeichnen (Satz 1). Die Klage soll ferner einen bestimmten Antrag enthalten (Satz 2). Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden (Satz 3).
Aus der vorbezeichneten Gegenüberstellung ist zu schließen, dass die drei Begriffe "Gegenstand des Klagebegehrens", "Antrag" und "Klagebegründung" inhaltlich nicht deckungsgleich sind. Die Rechtsprechung verlangt zur Bezeichnung des Klagebegehrens, dass der Kläger vorträgt, worin er die ihn treffende Rechtsverletzung sieht, inwiefern also der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sein soll.
Grundsätzlich erfordert die Bezeichnung des Klagebegehrens einen weitergehenden Tatsachenvortrag, als die bloße Stellung eines Antrags. Sie muss allerdings nicht so konkret und eingehend sein, wie die Klagebegründung. Es genügt regelmäßig eine schlagwortartige Angabe, etwa dergestalt: Anerkennung von Bewirtungskosten .... in Höhe von ... DM als Betriebsausgaben. In einem solchen Fall – und dies ist das Entscheidende – ist das Streitprogramm für das FG hinreichend deutlich.
Der vorliegende Beschluss enthält eine ausführliche Darstellung höchstrichterlicher Rechtsprechung, in welchen Fallgestaltungen eine hinreichende Konkretisierung des Klagebegehrens bejaht wurde. Aus den Darlegungen wird auch erkennbar, dass die Rechtsprechung der einzelnen Senate des BFH in diesem Punkt nicht einheitlich ist. Der Beschluss begründet im Einzelnen, dass ggf. auch ein bestimmter Klageantrag, der die Entscheidungsbefugnis des FG ausreichend verdeutlicht, ausreichen kann. Um einen solchen Fall handelte es sich auch im Streitfall. Denn das FA hatte eine Änderung des ESt-Bescheids abgelehnt; gegen diese Ablehnung wollte der Kläger erkennbar mit seiner Klage vorgehen.
Beachten Sie bitte, dass der Klageschrift nach § 65 Abs. 1 Satz 4 FGO (n.F. ab 2001) die Urschrift oder eine Abschrift des angefochtenen Verwaltungsakts und der Einspruchsentscheidung beigefügt werden soll. Machen Sie hiervon Gebrauch, um das "Bermuda-Dreieck" von Gegenstand des Klagebegehrens, Antrag und Klagebegründung elegant zu "umschiffen". Wird dies beherzigt, wird ein FG regelmäßig nicht einwenden können, es habe nicht gewusst, was der Kläger mit der Klage a...