Leitsatz
Reichweitenabhängige Zusatzvergütungen an Urheber gemäß § 32a UrhG stehen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang zu den Leistungen aus dem ursprünglichen Vertragsverhältnis. Im Falle des § 32a Abs. 2 UrhG stellen sie Entgelte von dritter Seite dar.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c, § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG, § 10 Abs. 1 Sätze 2 und 3 UStG a.F., Art. 73 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL), § 32a, § 36 UrhG
Sachverhalt
Der Kläger, ein selbstständiger Drehbuchautor, schloss Manuskriptverträge für zwei Filmproduktionen mit A und C. A und C übertrugen die vorgenannten Rechte auf B und D. B und D ließen die Drehbücher verfilmen und die Filme ausstrahlen.
Im Anschluss an eine Gesetzesänderung schloss im Jahr 2014 die E-GmbH (E) für die Sendergruppe, zu der B und D gehören, mit dem Verband X gemeinsame Vergütungsregeln für fiktionale Produktionen ab, die auch für Altfälle vor Vertragsschluss gelten sollten. Diese sahen ein Beteiligungsmodell für Drehbuchautoren vor. Nach Erreichen einer bestimmten Beteiligungsreichweite sollten die Autoren eine Zusatzvergütung erhalten.
Da die Produktionen 1 und 2 die erforderlichen Kriterien der gemeinsamen Vergütungsregeln erfüllten, stellte der Kläger den Sendern B und D nachträgliche Zusatzvergütungen in Rechnung. USt wies er nicht aus.
Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich um ein Bruttoentgelt für einen steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz handele. Es wendete zunächst den Regelsteuersatz (19 %) an. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.9.2017 setzte das FA die USt für 2014 herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Die Teilstattgabe beruhte darauf, dass das FA den ermäßigten Steuersatz von 7 % anwendete. Im Übrigen ging das FA weiter davon aus, dass es sich bei den nachträglichen Zusatzvergütungen um Entgelte von dritter Seite für steuerpflichtige Leistungen handele.
Die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 26.5.2020, 5 K 2892/17 U, Haufe-Index 14058370, EFG 2020, 1883) wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurück.
Den Einwand, dass eine Folgerechtsvergütung für Werke der bildenden Kunst nicht steuerbar sei, hielt der BFH nicht für durchgreifend, weil nach EuGH, Urteil vom 19.12.2018, C-51/18, Kommission/Österreich, EU:C:2018:1035, Rz. 54 und 56, BFH/NV 2019, 191, die Nutzung und Verwertung anderer Werke durch Urheber der USt unterliege.
Das EuGH-Urteil SAWP (EuGH, Urteil vom 18.1.2017, C-37/16, SAWP, EU:C:2017:22, BFH/NV 2017, 558, steht nach Auffassung des BFH der Besteuerung nicht entgegen, weil im Streitfall § 32a UrhG es dem Kläger ermögliche, den Dritten auf Abschluss eines ergänzenden Vergütungsvertrags in Anspruch zu nehmen.
Das EuGH-Urteil Tolsma (EuGH, Urteil vom 3.3.1994, C-16/93, Tolsma, EU:C:1994:80, Haufe-Index 60621) greift nicht ein, weil aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen ein Rechtsverhältnis besteht.
Den gerügten Widerspruch zum EuGH-Urteil Baštová (EuGH, Urteil vom 10.11.2016, C-432/15, Baštová, EU:C:2016:855, Haufe-Index 9942858) sah der BFH nicht, da nach EuGH, Urteil vom 21.12.2023, C-288/22, Administration de l’enregistrement, des domaines et de la TVA (Mehrwertsteuer – Mitglied eines Verwaltungsrats), EU:C:2023:1024, Haufe-Index 16173176, und EuGH, Urteil vom 9.2.2023, C-713/21, Finanzamt X (Leistungen des Inhabers eines Stalls), EU:C:2023:80, Haufe-Index 15581693, erfolgsabhängige Entgelte zur Bemessungsgrundlage gehören, wenn sie aufgrund von vorhersehbaren Festsetzungsmodalitäten gezahlt werden.
Eine abweichende Verwaltungsauffassung in Belgien und in Spanien vermochte der BFH nicht zu erkennen.
Zur zeitlichen Zuordnung stellte der BFH klar, dass die Zahlungen von B und D zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage geführt haben. Das ursprüngliche Entgelt habe sich durch Zahlungen von Dritten erhöht. Die Änderung sei im Jahr der Erhöhung zu erfassen (vgl. BFH, Urteil vom 18.9.2008, V R 56/06, BFH/NV 2009, 316, BStBl II 2009, 250, unter II.1.a; BFH, Urteil vom 10.4.2019, XI R 4/17, BFH/NV 2019, 1038, BStBl II 2019, 635, Rz. 31).
Ebenso zutreffend habe das FA mit der Einspruchsentscheidung den ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG auf beide Umsätze angewendet.
Hinweis
1. Der BGH hat 2020 und 2021 durch BGH, Urteil vom 20.2.2020, I ZR 176/18 (HFR 2020, 650, Rz. 183 ff. – Das Boot II) und BGH, Urteil vom 1.4.2021, I ZR 9/18 (Rz. 127 – Das Boot III) entschieden, dass zum Entgelt der Umsätze des Chefkameramanns des Films "Das Boot" nicht nur die ursprünglich vereinbarten Vergütungen zählen, sondern auch die gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 UrhG und § 32a Abs. 1 oder 2 UrhG zu zahlenden angemessenen Beteiligungen.
2. Mit dem Besprechungsurteil teilt der BFH die Auffassung des BGH ausdrücklich, wobei er offenlassen konnte, ob sich dies schon allein aus dem gesetzlichen Anspruch ergibt, was m.E. zu bejahen ist, oder ob dies im Besprechungsfall auf e...