Leitsatz
1. Nicht angelegtes Geldvermögen kann – ebenso wie die vom Großen Senat des BFH im Beschluss vom 12.5.2003, GrS 1/00, BStBl II 2004, 95, BFH-PR 2003, 451) ausdrücklich erwähnten, ihrer Art nach ertraglosen Wirtschaftsgüter – nur Gegenstand einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein, wenn sich der Übernehmer im Übergabevertrag verpflichtet, eine ihrer Art nach bestimmte, ausreichend ertragbringende Vermögensanlage zu erwerben.
2. Beruft sich der Übernehmer darauf, dass für die Zukunft ausreichend hohe Nettoerträge zu erwarten sind, sind der Ertragsprognose in der Regel die Nettoerträge im Jahr der Übergabe und in den beiden folgenden Jahren zugrunde zu legen. Die eine Verbesserung der Ertragslage versprechenden Umstände müssen im Zeitpunkt der Vermögensübergabe bereits konkret bestimmbar sein.
Normenkette
§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG
Sachverhalt
Der Kläger bekam 1993 von seinen Eltern eine Eigentumswohnung und einen Geldbetrag in Höhe von 330.000 DM übertragen. Als Gegenleistung übernahm er die mit der Eigentumswohnung zusammenhängenden persönlichen Schulden der Eltern. Außerdem verpflichtete er sich, seinen Eltern auf deren Lebenszeit einen monatlichen – nach Maßgabe des § 323 ZPO abänderbaren – Geldbetrag von 1.000 DM zu zahlen.
Das Finanzamt lehnte das Begehren des Klägers ab, die monatlichen "Rentenzahlungen" an seine Eltern als Sonderausgaben (dauernde Last im Sinn von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG) abzuziehen. Das FG wies die Klage ab (EFG 1999, 602). Die Revision des Klägers hatte Erfolg; der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Der BFH könne aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob die vom Kläger an seine Eltern zu erbringenden Versorgungsleistungen aus den erzielbaren Nettoerträgen der Eigentumswohnung und des Geldbetrags in Höhe von 330.000 DM bestritten werden könnten.
Da der Kläger im Zug der Übertragung der Eigentumswohnung persönliche Schulden der Eltern übernommen habe, sei insoweit von einem teilentgeltlichen Erwerb auszugehen. Die auf diese Schulden vom Kläger gezahlten Zinsen ließen den unentgeltlichen Teil der Übergabe unberührt. Das FG habe deshalb nunmehr zu prüfen, ob die auf den unentgeltlich übertragenen Teil entfallenden Erträge der Eigentumswohnung – ggf. zusammen mit den Erträgen aus dem zugewendeten Geldbetrag – zur Erbringung der Versorgungsleistungen ausreichten.
Als taugliches Objekt einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen kämen nunmehr auch Geldbeträge in Betracht. Ein solcher müsse freilich ertragbringend angelegt werden.
Es liege in der Konsequenz des Beschlusses des Großen Senats vom 12.5.2003, GrS 1/00, BFH-PR 2003, 451, dass sich der Übernehmer im Übergabevertrag verpflichte, eine ihrer Art nach bestimmte Vermögensanlage zu erwerben, die einen zur Erbringung der zugesagten Versorgungsleistungen ausreichenden Nettoertrag abwerfe.
Maßgebend für die anzustellende Ertragsprognose seien die Verhältnisse bei Vertragsschluss. Dieser Prognose könne der durchschnittliche Nettoertrag des Jahres der Übergabe und der beiden vorangegangenen Jahre zugrunde gelegt werden. Abweichend davon könne aber auch auf das Jahr der Übergabe und die beiden folgenden Jahre abgestellt werden. Letzteres setze aber voraus, dass die Umstände für die künftige Ertragsentwicklung bereits im Zeitpunkt der Vermögensübergabe konkret bestimmbar seien. Allein der Hinweis auf die allgemeine Zins- und Mietpreisentwicklung reiche hierfür nicht aus.
Hinweis
1. Im Gegensatz zur Rechtsprechung des BFH vor Ergehen des grundlegenden Beschlusses des BFH vom 12.5.2003, GrS 1/00 kann nunmehr auch ein Geldbetrag Gegenstand einer privilegierten Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Vermögensübernehmer bereits im Übergabevertrag verpflichtet, das empfangene Geld in eine der Art nach bestimmte Vermögensanlage zu investieren.
2. Das Urteil stellt klar, dass es sich bei der Übertragung eines Grundstücks gegen Übernahme von persönlichen Schulden des Übergebers und gegen Versorgungsleistungen um ein teilentgeltliches Geschäft handelt, das in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten ist.
Beispiel: Der Vater überträgt ein Mietwohngrundstück im Verkehrswert von 1 Mio. Euro gegen Übernahme persönlicher Schulden i.H.v. 400.000 Euro und eine Versorgungsrente an seinen Sohn.
In Höhe von 40 % (400.000 Euro / 1 Mio. Euro) liegt ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft des Sohnes vor. Die auf die übernommenen Verbindlichkeiten vom Sohn gezahlten Schuldzinsen sind als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. In Höhe von 60 % liegt ein unentgeltliches Übertragungsgeschäft vor.
Hinsichtlich der für den Sonderausgabenabzug relevanten Frage, ob die (Netto-)Erträge aus dem übernommenen Mietwohngrundstück zur Bestreitung der Versorgungsleistungen ausreichen, ist nur auf diesen unentgeltlichen Teil des Übertragungsgeschäft...