IDW und DRSC kommentieren vorläufige Agenda Decision zu Reverse Factoring

Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hat im Juni 2020 eine vorläufige Agendaentscheidung zu Supply Chain Financing Arrangements – Reverse Factoring veröffentlicht.
Reverse-Factoring-Vereinbarungen
Betroffen ist die Darstellung von Verbindlichkeiten aus Reverse-Factoring-Vereinbarungen. Der typische Aufbau einer Reverse-Factoring-Vereinbarung kann wie folgt dargestellt werden.

Regelmäßig stellt sich die Frage, ob aufgrund der Ausgestaltung der Verträge zwischen den beteiligten Parteien eine Darlehensbeziehung begründet wird, die den Charakter einer langfristigen Finanzierung aufweist, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Darstellung in der Bilanz und der Zuordnung der Zahlungen in der Kapitalflussrechnung.
Vorläufige Agenda Decisions des IFRS IC zu Reverse Factoring
Das IFRS IC folgert für den vorgelegten Fall (vorläufig) für die
- Bilanz: IAS 1.54 unterscheidet zwar financial liabilities sowie trade and other payables, definiert Letztere aber nicht. Eine Zusammenfassung von anderen Verbindlichkeiten mit Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ist nur dann möglich, wenn diese eine ähnliche Art und Funktion wie trade payables haben, z.B. part of the working capital used in the entity’s normal operating cycle sind. Eine gesonderte Darstellung wäre demnach angezeigt, wenn der Umfang, die Art oder die Funktion dieser Reverse-Factoring Verbindlichkeiten für das Verständnis der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens notwendig macht. Das ist anhand der Beträge, Art und den Fälligkeitszeitpunkten der Verbindlichkeiten auszumachen (z.B. unterschiedliche Zahlungsziele oder zusätzliche Stellung von Sicherheiten).
- Kapitalflussrechnung: Es gibt zwar keinen direct link zwischen dem Ausweis in der Bilanz und Kapitalflussrechnung, jedoch sei eine konsistente Betrachtung hilfreich, d.h.:
- Ausweis in der Bilanz als trade and other payable: Ausweis in der Kapitalflussrechnung als cashflows aus betrieblicher Tätigkeit;
- Ausweis in der Bilanz als financial liability: Ausweis in der Kapitalflussrechnung als cashflows aus Finanzierungstätigkeit;
- keine cashflows: keine Auswirkung auf die Kapitalflussrechnung.
- Anhang: Es bedarf Angaben für Verbindlichkeiten, die Teil einer Reverse-Factoring-Vereinbarung sind, sofern die cashflows für diese Verbindlichkeiten in der „Finanzierungstätigkeit“ klassifiziert wurden (IFRS 7.44) und unabhängig vom bilanziellen Ausweis sind die Angaben nach IFRS 7.33/.34/.39 (Liquiditätsrisiko) notwendig.
IDW sieht noch konzeptionellen Anpassungsbedarf bei Agenda Decsions zu Reverse Factoring
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) begrüßt mit seiner Stellungnahme vom 29.9.2020 grundsätzlich die Bemühungen um Leitlinien zu einer sachgerechten Darstellung von Reverse-Factoring-Vereinbarungen im Abschluss, insbesondere aufgrund deren zunehmender Praxisrelevanz. Allerdings würde das IDW anstelle einer Agenda Decision des IFRS IC ein Standardsetzungsprojekt des IASB bevorzugen, in dem sich auch mit dem Zusammenspiel mit den Ausbuchungsregelungen des IFRS 9 befasst wird. Die Ausführungen des IFRS IC gelten nämlich unabhängig von der Frage, ob die ursprüngliche Verbindlichkeit gegenüber dem Lieferanten, die nun Teil einer Reverse-Factoring-Vereinbarung ist, nach den Regeln des IFRS 9 auszubuchen (und als neue Verbindlichkeit einzubuchen) ist oder nicht. Das IDW beschäftigt sich mit dieser Frage – ob aus Sicht des Schuldners die ursprüngliche Verbindlichkeit auszubuchen und eine neue finanzielle Verbindlichkeit gegenüber der Bank zu erfassen ist – in IDW RS HFA 9 (zu IAS 39) und IDW RS HFA 48 (zu IFRS 9).
Weiterhin sei die Entscheidung darüber, ob Verbindlichkeiten Teil des working capital sind, sehr ermessensbehaftet bzw. judgemental und daher könnte dieser Verweis zu weiterer Unsicherheit bei der Bilanzierung von supply chain financing arrangements führen.
DRSC schlägt bezüglich Agenda Decisions zu Reverse Factoring Anpassungen im Wortlaut vor
Der Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee e.V. (DRSC) stimmt in seiner S tellungnahme vom 28.9.2020 der vorläufigen Entscheidung grundsätzlich zu, wobei jedoch einige Anpassungen des Wortlauts der Begründung vorgeschlagen werden.
So impliziere u.a. der derzeitige Wortlaut der vorläufigen Entscheidung, dass cash flows entweder als operating cash (out)flows oder als financing cash (out)flows in der Kapitalflussrechnung dargestellt werden sollen. Der DRSC ist jedoch der Ansicht, dass es im Rahmen von Reverse-Factoring-Vereinbarungen und insbesondere bei der Anwendung der indirekten Methode (IAS 7.20) angemessen sein könnte, sowohl den operating cash flow als auch den financing cash flow darzustellen. Es wird daher eine Klarstellung vorgeschlagen, um sicherzustellen, dass eine Bruttodarstellung weder erforderlich noch ausgeschlossen ist.
Praxishinweis: Konformität bestehender Vereinbarungen mit vorläufiger IFRS-IC-Entscheidung prüfen
Die IFRS enthalten keine expliziten Regelungen zu Reverse-Factoring-Vereinbarungen. IFRS IC Agenda Decisions sind – nach der Klarstellung im überarbeiteten Due-Process-Handbuch – verpflichtend anzuwendendes Recht. Unternehmen sind daher angeraten, bestehende Vereinbarungen auf ihre Konformität mit der (vorläufigen) IFRS-IC-Entscheidung zu prüfen.
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