November- und Dezemberhilfen im Jahresabschluss

Zur Abmilderung von Liquiditätsengpässen in Unternehmen wurden die "Außerordentlichen Wirtschaftshilfen" in Form einer einmaligen Kostenpauschale auf Basis der Umsatzerlöse beschlossen. Wann sind diese Zuschüsse zu berücksichtigen, d.h. welches Ereignis führt zur Berücksichtigung im Jahresabschluss 2020?

Zur Abmilderung der in vielen vom Lockdown betroffenen Unternehmen entstehenden Liquiditätsengpässe wurden die "Außerordentlichen Wirtschaftshilfen", mitunter auch in Analogie zum den Lockdown umfassenden Monat "Novemberhilfen" und “Dezemberhilfen” genannt, in Form einer einmaligen Kostenpauschale auf Basis der Umsatzerlöse beschlossen (s. ausführlich  Außerordentliche Wirtschaftshilfen (Novemberhilfen und Dezemberhilfen): Berechtigte, Umfang, Antragstellung).

Beihilferechtliche Aspekte müssen berücksichtigt werden

Die Hilfe besteht in einem direkten Zuschuss, der – so richtig beantragt – nicht zurückgezahlt werden muss. Er wird berechnet im Vergleich zum Umsatz des Vorjahresmonats, also des Novembers bzw. Dezembers 2019 und beträgt bis zu 75 Prozent dieses Vergleichsumsatzes. Da dieser Umsatz des letzten Jahres bereits feststeht, soll die Hilfe unbürokratisch zu berechnen sein, doch ist mit Veröffentlichung der FAQ auf der Seite des BMF klargestellt worden, dass die beihilferechtlichen Aspekte zu berücksichtigen sind.

Berücksichtigung der Novemberhilfen und Dezemberhilfen im Jahresabschluss

Unabhängig von diesen Regelungen stellt sich die Frage, wann die Zuschüsse zu berücksichtigen sind, d.h. welches Ereignis zur Berücksichtigung im Jahresabschluss 2020 führt.

Die Novemberhilfe konnte erst ab Ende November 2020 beantragt werden, die Dezemberhilfe oft erst im Jahr 2021 und mit Auszahlung und Bescheid ist erst im Jahr 2021 zu rechnen (aktuell sind sogar noch bis zum 30.6.2021 Änderungsanträge möglich). Für die Erfassung ist jedoch der Zeitpunkt der Beantragung und der Zahlung irrelevant. Dem Grundsatz der zeitlichen Abgrenzung entsprechend erfolgt die Ertragswirksamkeit der Zuwendungen in den Perioden, welche die Aufwendungen tragen soweit ein Rechtsanspruch entstanden ist (s. auch Zuwendungen/Zuschüsse).

Sofern beim Empfänger ein Anspruch auf die Zuwendung besteht, ist dieser als Forderung unter dem Sammelposten „Sonstige Vermögensgegenstände“ gem. § 266 Abs. 2 B. II. 4. HGB sowie in der GuV als „sonstiger betrieblicher Ertrag“ auszuweisen. Zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf eine Zuwendung entsteht und dieser als Forderung zu erfassen ist, hängt davon ab, ob der Empfänger einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung besitzt. Besteht - was regelmäßig der Fall sein dürfte - ein solcher nicht bereits am 31.12.2020, erfolgt die Erfassung der Forderung grundsätzlich nur dann, wenn am Bilanzstichtag die sachlichen Voraussetzungen für die Zuwendungsgewährung erfüllt sind, wofür aus Gründen der Wertaufhellung es auch ausreicht, wenn bis zur Aufstellung des Jahresabschlusses die Bewilligung der Zuwendung vorliegt.

Allerdings wurden die Corona-Hilfen als Billigkeitsleistungen ohne Rechtsanspruch ausgestaltet, so dass der Anspruch tatsächlich erst mit dem Bewilligungsbescheid („Schlussbescheid“) entsteht. Somit ist es widersinnigerweise davon abhängig, wann der Aufstellungszeitpunkt ist, ob die November- und Dezemberhilfen noch im Jahr 2020 (für die sie doch den Umsatzeinbruch ausgleichen sollten) erfasst werden können. Liegt der Aufstellungstag  nach dem Tag des Bewilligungsbescheids, so ist die Förderung erfolgsrechnerisch noch in dem Geschäftsjahr 2020 zu erfassen. Liegt er vor dem Tag der Bewilligung, so rutscht der sonstige betriebliche Ertrag in das Geschäftsjahr 2021. Hier besteht aber das Problem, dass nach § 264 Abs. 1 HGB mittelgroße und große Kapitelgesellschaften für die Aufstellung nur bis zum 31.3.2021 Zeit haben, andere Unternehmen im Rahmen des ordentlichen Geschäftsgangs auch länger, höchstens jedoch bis zum 30.6.2021.

Erfolgt die Aufstellung vor dem Erhalt des Schlussbescheids gilt somit, dass keine erfolgswirksame Berücksichtigung im Geschäftsjahr 2020 erfolgen kann und, um es noch problematischer zu machen werden auch mit den Abschlagsbescheiden ausdrücklich zunächst nur Abschlagszahlungen vorgenommen und in Nr. 2 wird ein Vorbehalt bis zur vollständigen Prüfung des Antrags und endgültigen Festsetzung mit einem Schlussbescheid ausgesprochen. Somit müssen für die Zeit, bis dieser Schlussbescheid vorliegt, die erhaltenen Abschläge erfolgsneutral als „sonstige Verbindlichkeiten“ ausgewiesen werden und können die Überschuldungssituation noch verschlimmern. Erfolgt dann der Schlussbescheid, ist damit der Rechtsanspruch begründet und die Verbindlichkeit kann ausgebucht und erfolgswirksam ausgewiesen werden.

Existiert am Abschlussstichtag (ggf. auch erst durch Zugang des Schlussbescheids im Wertaufhellungszeitraum bis zur Aufstellung) ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Zuwendung, ist dagegen eine erfolgswirksame Bilanzierung noch im Geschäftsjahr 2020 vorzunehmen.

Für die erfolgsrechnerische Erfassung der November- und Dezemberhilfe kommt es darauf an, ob zum Zeitpunkt der Aufstellung bereits ein bewilligter Schlussbescheid vorliegt. Somit kann durch die Wahl des Aufstellungszeitpunkts das Ergebnis der Geschäftsjahre ggf. massiv beeinflusst werden.

Ein trauriges Beispiel dafür, wie ein übertriebenes Vorsichtsprinzip die tatsachengetreue Abbildung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verzerren kann und die „unbürokratische“ Hilfe durch diese problematische Ausgestaltung große Bilanzierungsprobleme hervorruft, die auch Auswirkungen auf die nur bis zum 30.4.2021 ausgesetzte Insolvenzantragspflicht haben könnte.

Erfassung der Corona-Überbrückungshilfen bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EstG ermitteln (EÜR)

In diesem Fall werden nur die Beträge als Betriebseinnahme im Jahr 2020 erfasst, die auch im Jahr 2020 geflossen sind, die späteren erst in 2021.

Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auszahlung

Zudem ist eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auszahlung jetzt statt bis zum 31.3.2021 erst im Jahr 2021 vorgesehen. Sollten dort Zweifel bestehen, etwa aufgrund der beihilferechtlichen Beschränkungen, müsste die erwartete Rückzahlungsverpflichtung aus einer Zuwendung als Verpflichtung angesehen werden, die eine quantifizierbare wirtschaftliche Belastung beinhaltet und folglich die Kriterien einer passivierungspflichtigen Schuld erfüllt. Der Ansatz einer solchen Verpflichtung erfolgt frühestens dann, wenn sie vorhersehbar ist bzw. wahrscheinlich be- oder entsteht, was bei dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichten die Kenntnis der Rückzahlungsverpflichtung der Behörde voraussetzt (BFH, Urteil v. 19.10.93, VIII R 14/92; BFH, Urteil v. 22.8.12, X R 23/10).


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