Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwaltungsrechtsweg für den Erlaß von Lohnsummensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, daß die Befugnis zum Erlaß von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 227 Abs. 2 Satz 1 AO an die Verwaltungszuständigkeit gekoppelt ist.
Normenkette
AO § 227 Abs. 2 S. 1; VwVfG § 44; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 2, 4
Gründe
Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, daß die Befugnis zum Erlaß von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 227 Abs. 2 Satz 1 AO an die Verwaltungszuständigkeit gekoppelt ist. Wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat (DVBl. 1983, S. 137) 1), ist zwar die Übertragung der Kompetenz für die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer (hier: Erhebung der Lohnsummensteuer) auf die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erst durch das Gesetz über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981 (GV. NW S. 732) erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber gleichzeitig ausgeführt (a. a. O., S. 138), daß daraus nicht die Nichtigkeit der Erhebung der Lohnsummensteuer durch die Gemeinden in den vorangegangenen Jahren folge. Der Fehler sei angesichts der Tatsache, daß die Verwaltungskompetenz der Gemeinden zur Entgegennahme der Lohnsummensteuererklärung seinerzeit von keiner Seite ernstlich in Zweifel gezogen worden wäre, jedenfalls nicht offenkundig und durch das nunmehr vorliegende Gesetz geheilt (vgl. zur Kompetenz der Gemeinden zur Erhebung der Lohnsummensteuer auch BVerfGE 21, 54 [61 f.] 2)). Dies ist eine vertretbare Auslegung und Anwendung des § 44 VwVfG, die grundsätzlich den dafür allgemein zuständigen Gerichten obliegt (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]). Daß wegen der Zuständigkeit der Gemeinden für den Erlaß oder die Erstattung der Lohnsummensteuer der Verwaltungs- und nicht der Finanzrechtsweg eröffnet ist (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Januar 1962 - I 101/60 S -, BStBl III 1962, S. 238 [240]), verletzt weder Art. 2 Abs. 1 noch Art. 3 Abs. 1 GG. Auch ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 2 und 4 GG ist nicht feststellbar; denn es gibt kein verfassungsrechtlich gesichertes Entscheidungsmonopol für bestimmte Gerichtsbarkeiten (vgl. BVerfGE 4, 387).
Gegenstand der Prüfung im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist nicht die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu den Voraussetzungen eines Erlasses (Erstattung) aus objektiven Gründen im allgemeinen, sondern ausschließlich die Frage, ob die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruht (vgl. BVerfGE 18, 85 [93]). Dies ist aber nicht der Fall.
Fundstellen
BStBl II 1984, 249 |
StW 1984, 141 (Gründe) |