Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 28
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Die GmbH zeichnet sich gegenüber der AG und der KGaA dadurch aus, dass das Recht der GmbH in einigen Teilen dispositiv ist. So kann die Rechtsstellung der Gesellschafter untereinander im Gesellschaftsvertrag abweichend von den gesetzl. Vorschriften geregelt werden (vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG). Diese sog. Satzungsautonomie der GmbH erlaubt, die internen Rechte und Pflichten jedes Gesellschafters weitgehend autonom festzulegen. Dies gilt gem. § 318 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich auch für die Wahl des AP.
Rn. 29
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH kann daher eine von der gesetzl. Regelung abweichende Wahl des AP vorsehen (vgl. § 318 Abs. 1 Satz 2). Diese Möglichkeit bestand für eine nach dem PublG prüfungspflichtige GmbH auch schon nach § 6 PublG 1969 (vgl. Biener, H. 1973, S. 49). In früheren Entwürfen des BiRiLiG (zuletzt in § 318 Abs. 1 HGB-EU) war diese Gestaltungsfreiheit nicht vorgesehen. Es wurde gefordert, dass der AP durch alle Gesellschafter gewählt werden sollte. Erst nach massiver Kritik (vgl. zur Kritik an Vorentwürfen des § 318 Abs. 1 u. a. Hommelhoff, P. 1984, S. 634; Driesen, W. 1985, S. R 67) an dieser Vorschrift wurde schließlich in § 318 Abs. 1 Satz 2 vorgesehen, dass die Bestellung auch durch die Satzung vom gesetzl. Regelfall abweichend geregelt werden darf.
Rn. 30
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Nach dem derzeit gültigen Recht sind die gesetzl. Regelungen zur Wahl des AP der GmbH in zweierlei Hinsicht dispositiv: Zum einen ist das Wahlverfahren in der Gesellschafterversammlung den gesetzl. Regelungen der §§ 46 bis 51 GmbHG nur dann unterworfen, wenn gesellschaftsrechtliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag der GmbH fehlen (vgl. § 45 Abs. 1 GmbHG). Zum anderen kann der Kreis der wahlberechtigten Personen durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt werden. Das AktG kennt ein ähnliches Recht für Aktionäre nicht.
Rn. 31
Stand: EL 08 – ET: 10/2010
Mit § 318 Abs. 1 Satz 2 sind verschiedene Möglichkeiten zur Festlegung des zur Wahl des AP berechtigten Personenkreises bei der GmbH vereinbar. Drei typische Möglichkeiten sind:
(1) |
Zulässig ist, dass z. B. ein Mehrheitsgesellschafter, der gleichzeitig Gf ist, durch gesellschaftsvertragliche Regelung von der Wahl des AP ausgeschlossen ist. Die Minderheitsgesellschafter könnten dadurch einen Prüfer ihres Vertrauens wählen. Auf diese Weise kann einer möglichen Abhängigkeit des Prüfers vom geschäftsführenden Gesellschafter wirksam begegnet werden (vgl. Hommelhoff, P. 1984, S. 634). Allerdings kann einem Gesellschafter-Gf nicht grds. das Recht abgesprochen werden, sich an der Wahl des AP zu beteiligen. Gegenstand der Pflichtprüfung ist nämlich nicht die Geschäftsführung des Gesellschafter-Gf, sondern die Ordnungsmäßigkeit von Bufü und JA. Da aber die Aufstellung des JA zu den gewöhnlichen Geschäftstätigkeiten eines Gesellschafter-Gf gehört, ist er nicht grds., sondern lediglich mit seiner Zustimmung zur entspr. Regelung im Gesellschaftsvertrag von der Abstimmung über den AP ausgeschlossen (entgegen § 47 Abs. 4 GmbHG), da die Wahl des Prüfers nicht seine persönlichen Interessen berührt. Lediglich bei Sonderprüfungen, z. B. bei einer Geschäftsführungsprüfung, muss der Gesellschafter-Gf von der Wahl des Sonderprüfers ausgeschlossen sein, da er sonst in eigener Sache mitstimmen würde (vgl. Hommelhoff, P. 1985, S. 407). Bei einem Ausschluss des Mehrheitsgesellschafters von der Wahl des AP werden seine Interessen zum einen dadurch gewahrt, dass er als Mehrheitsgesellschafter der Art des Wahlverfahrens zugestimmt haben muss, zum anderen kann er trotz fehlenden Stimmrechts an der Gesellschafterversammlung teilnehmen und sich zur Person des Prüfers äußern bzw. Gegenanträge stellen. Auch wenn einzelne Gesellschafter lt. Satzung von der Wahl des AP ausgeschlossen sind, haben sie das Recht, sich zur Person des AP zu äußern, eigene Gegenanträge zu stellen sowie das Abstimmungsverfahren auf Einhaltung aller nach Gesetz und Satzung notwendigen Formalitäten zu überwachen. Das Recht auf Widerspruch gegen die Wahl eines bestimmten Prüfers und das Antragsrecht auf Ersetzung des Prüfers bei Gericht bleiben unberührt. Weiterhin hat er die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Gesellschafterbeschluss nach § 318 Abs. 3 einzulegen. |
(2) |
Zulässig ist auch, dass Gesellschafter-Gf oder Gf, die nicht Gesellschafter sind, durch den Gesellschaftsvertrag die alleinige Kompetenz zugestanden wird, den AP zu wählen und diesem den Prüfungsauftrag zu erteilen (a. A. Hartmann, U. 1986, S. 90; ihm folgend Kerth, J. 1987, S. 343; Mai, T. R. 1993, S. 28). Da die Gf auch den JA aufstellen, kann allerdings aufgrund der Bestellung des AP durch die Gf das Recht der (anderen) Gesellschafter auf eine von der Geschäftsführung unabhängige Prüfung des JA beeinträchtigt werden. Der AP wird i. d. R. gerne einen Folgeauftrag (vom Gf) erhalten und könnte in seinem Urteil auf den Gf Rücksicht nehmen. Aber weder aus § 318 Abs. 1 noch aus Vorschriften des GmbHG kann geschlossen ... |