Rn. 104
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Das AktG verbietet vGA. In § 57 Abs. 3 AktG heißt es: "Vor Auflösung der Gesellschaft darf unter die Aktionäre nur der Bilanzgewinn verteilt werden." Das GmbH-Recht kennt ein solches generelles Verbot nicht. Es enthält jedoch Grundsätze, die eine vGA nur in engen Grenzen zulässig machen:
(1) |
Grundsatz der Kap.-Erhaltung: § 30 GmbHG verbietet Auszahlungen von Mitteln an die Gesellschafter, die zur Erhaltung des Stammkap. erforderlich sind. |
(2) |
Grundsatz der Gleichbehandlung: Ein Vorteil muss allen Gesellschaftern gleichmäßig zugutekommen oder evtl. benachteiligte Gesellschafter müssen zugestimmt haben (vgl. BGH, Urteil vom 12.12.1983, II ZR 14/83, NJW 1984, S. 1037f.; BGH, Urteil vom 13.11.1995, II ZR 113/94, DStR 1996, S. 271f.). |
(3) |
Grundsatz der Beachtung von Kompetenzregeln: Die Kompetenzregeln zwischen Gesellschaftern, AR und Geschäftsführern müssen beachtet werden. Ein Kompetenzverstoß kann z. B. darin liegen, dass die Geschäftsführer, ohne durch die Satzung oder einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafter (vgl. §§ 45 Abs. 2, 46 Nr. 1 GmbHG) ermächtigt zu sein, Gewinnausschüttungen vornehmen. Letzteres bedeutet praktisch, dass die für die Bilanzfeststellung und Gewinnverwendung nach Gesetz oder Satzung "zuständigen Entscheidungsträger" die Ausschüttung beschließen bzw. ihr zustimmen müssen. |
Rn. 105
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ergänzend greift auch die Treuepflicht der Gesellschafter untereinander (vgl. Baumbach/Hueck (2022), § 29 GmbHG, Rn. 74; NK-GmbHG (2020), § 29, Rn. 73). Ein Mehrheitsgesellschafter verletzt diese Pflicht, wenn er aus gesellschaftsfremden Interessen einzelnen Personen oder UN Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen gewährt.
Rn. 106
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ist eine vGA im Einzelfall unzulässig, so ist der Begünstigte zur Rückzahlung verpflichtet. Liegt ein Verstoß gegen § 30 GmbHG vor, ergibt sich die Rückzahlungspflicht aus § 31 GmbHG. In anderen Fällen bildet das Bereicherungsrecht der §§ 812ff. BGB die Rechtsgrundlage (h. M.; vgl. stellvertretend NK-GmbHG (2020), § 29, Rn. 75, m. w. N.).
Rn. 107
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Die Geltendmachung dieser Ansprüche obliegt in erster Linie den Geschäftsführern (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG). Werden diese jedoch nicht tätig (z. B. wegen ihrer Abhängigkeit von den begünstigten Gesellschaftern), kann auch ein einzelner, benachteiligter Gesellschafter die Gesellschafterklage (actio pro socio) erheben und auf diesem Weg die Rückzahlung der unzulässigerweise ausgeschütteten Beträge an die Gesellschaft durchsetzen (vgl. zur Gesellschafterklage Baumbach/Hueck (2022), § 13 GmbHG, Rn. 36ff., m. w. N.). Dieses Vorgehen ist jedoch praktisch selten. I.d.R. erfolgt die Aufdeckung von vGA durch Betriebsprüfungen der Finanzverwaltung.