Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 347
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Das Zusammenwirken der Abzinsungsregelung mit dem Gebot, erwartete Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt bilanziell vorwegzunehmen, verdeutlicht das nachfolgende Beispiel (modifiziert entnommen aus Kessler, H. 2009, S. 284ff.).
Beispiel:
Die B AG hat zu Beginn des Jahres 2010 in einer angemieteten Lagerhalle Ein- und Umbauten vorgenommen, die nach Ablauf des Mietvertrags zurückzubauen sind. Der zum 01.01.2010 abgeschlossene Mietvertrag hat eine Laufzeit von zehn Jahren.
Die B AG kalkuliert zum 31.12.2010 auf Basis aktueller Preise mit Rückbaukosten i. H. v. 200 TEUR. Aufgrund von Erfahrungen der Vergangenheit rechnet sie mit durchschnittlichen Kostensteigerungen von 3 % pro Jahr. Diese Erwartung bestätigt sich.
Während der Laufzeit des Mietvertrags veröffentlicht die Deutsche Bundesbank die nachfolgenden durchschnittlichen Marktzinssätze.
Für die Verpflichtung zum Rückbau der Umbauten nach Ablauf des Mietvertrags ist eine über die Laufzeit des Mietvertrags aufzubauende Verteilungsrückstellung zu bilden. Ihr nomineller Erfüllungsbetrag ermittelt sich durch Inflationierung der zum 31.12.2010 geschätzten Rückbaukosten von 200 TEUR mit der erwarteten Kostensteigerungsrate von 3 % p. a. Das ergibt zum 31.12.2019 einen voraussichtlichen Erfüllungsbetrag von 261 TEUR (200 TEUR · 1,039).
Da die Restlaufzeit der Rückbauverpflichtung mehr als ein Jahr beträgt, ist eine Abzinsung nach § 253 Abs. 2 Satz 1 geboten. Die Barwerte des Erfüllungsbetrags zu den einzelnen BilSt (Spalte 4 in nachfolgender Tabelle) ermitteln sich durch Abzinsung des nominellen Verpflichtungsbetrags (Spalte 2) mit dem jeweiligen fristadäquaten Marktzinssatz (Spalte 3). Die Rückbaurückstellung nimmt für jedes Jahr der Laufzeit des Mietvertrags ein Zehntel des jeweiligen Barwerts des Erfüllungsbetrags auf (Spalte 7). Die jährliche Rückstellungszuführung (Spalte 6) ermittelt sich als Differenz zwischen diesem Wert und dem Stand der Rückstellung per Ende Vj. (Spalte 5). Sie enthält auch die Aufzinsung des zum Ende des Vj. passivierten Rückstellungsbetrags.
Rn. 348
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Aus der jährlichen Zuführung zur Rückstellung ist nach § 277 Abs. 5 Satz 1 der Aufwand bzw. Ertrag aus der Abzinsung zu eliminieren und gesondert unter den Posten "Zinsen und ähnliche Aufwendungen" bzw. "Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge" auszuweisen (vgl. Bertram/Kessler 2012, S. 988f.; Isele/Urner-Hemmeter/Paffrath, HdR-E, HGB § 277).
Da die handelsrechtl. Rückstellungsbewertung aufgrund der Einrechnung erwarteter Kostensteigerungen den steuerl. Rückstellungswert übersteigt, kommt der Ansatz aktiver latenter Steuern in Betracht.
Rn. 349
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
vorläufig frei