Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 70
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Für den AP ist der Prüfungsvertrag ein wichtiges Mittel, um den ordnungsgemäßen Ablauf der Prüfung zu sichern. Er kann z. B. darauf dringen, dass vertraglich festgelegt wird, welche Unterlagen und Nachweise das prüfungspflichtige UN zu welcher Zeit zu erbringen hat. Die Pflichten des prüfungspflichtigen UN sollten im Prüfungsvertrag ebenfalls schriftlich festgelegt werden. Dazu gehört zunächst die Zusicherung des UN, zu Beginn der Prüfung "prüfungsbereit" zu sein. Prüfungsbereitschaft liegt vor, "wenn alle personellen und sachlichen Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass die Prüfung ohne vermeidbare Verzögerungen durchgeführt werden kann" (WP-HB (2023), Rn. L 170). Die Mitarbeiter des prüfungspflichtigen UN sind zu instruieren, dass sie dem Prüfer alle für die Prüfungsdurchführung notwendigen und vom AP verlangten Auskünfte erteilen müssen. Dabei muss das prüfungspflichtige UN dafür sorgen, dass dem oder den Prüfern Arbeitsplätze und Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt werden und alle für die Prüfung benötigten Unterlagen bereit liegen sowie ggf. notwendige Zugänge zu IT-Systemen eingerichtet sind.
Rn. 71
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Der AP kann es zudem für sinnvoll erachten, weitere Hinweise, Absprachen oder Pflichten des prüfungspflichtigen UN in die Vereinbarung aufzunehmen (vgl. Farr, WPg 2019, S. 538 (540)). So sollte der Prüfer darauf bestehen, dass das zu prüfende UN im Prüfungsvertrag die Qualität des IKS angibt bzw. beschreibt. Als IKS bezeichnet Leffson ((1988), S. 230) die "Gesamtheit aller Regelungen und Handlungen, mit denen überwacht und damit gewährleistet werden soll, dass die Verarbeitung ordnungsmäßig, d. h. gemäß den intern oder extern vorgegebenen Zielen und Regeln erfolgt." Bei der Beurteilung des IKS muss der AP ein Verständnis der für die AP und Erstellung des JA relevanten Komponenten des IKS erhalten, damit er sich bei der Prüfungsplanung auf das IKS stützen kann. Die Prüfung des IKS ist eine Aufbau- bzw. Funktionsprüfung. Sie bildet die Grundlage für die weiteren aussagebezogenen Prüfungshandlungen. Bei hoher Qualität des IKS kann der Umfang der aussagebezogenen Prüfungshandlungen vermindert werden (vgl. WP-HB (2023), Rn. L 264ff., 332ff.; ISA [DE] 330 (2020), Rn. 5ff.). Dadurch hat die Qualität des IKS einen direkten Einfluss auf die für die Prüfung benötigte Zeit. Stellt sich während der Prüfung heraus, dass die Qualität des IKS nicht dem vertraglich zugesicherten Stand entspricht, muss der Umfang der aussagebezogenen Prüfungshandlungen zu Lasten des Mandanten ausgeweitet werden, um die Qualität des Prüfungsurteils zu sichern (vgl. Baetge, BFuP 1985, S. 277 (283)).
Rn. 72
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Eine weitere wichtige Determinante des Prüfungsvertrags und der Prüfung ist das Vorhandensein und die in diesem Fall vom Auftraggeber anzugebende Qualität der internen Revision. Auch wenn Prüfungshandlungen der internen Revision Prüfungshandlungen des AP nicht ersetzen können, kann der AP auf Feststellungen der internen Revision zurückgreifen, wenn er sich von deren Unabhängigkeit und Qualifikation überzeugt hat (vgl. WP-HB (2023), Rn. L 787). Der AP sollte sich deshalb vertraglich die Unterstützung der internen Revision zusagen lassen, sofern diese beim Mandanten vorhanden ist.
Rn. 73
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Neben der personellen Unterstützung durch die interne Revision sollte sich der Prüfer aber auch vertraglich die Nutzung der sachlichen Ausstattung des UN, soweit erforderlich, zusichern lassen. So sollte er sich garantieren lassen, dass er die relevanten IT-Systeme des zu prüfenden UN (mit-)nutzen kann, um bspw. eigenständig Standardreports aus dem ERP-System des zu prüfenden UN erstellen zu können.