Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
Rn. 370
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Handelsrechtlich sind die der PersG wirtschaftlich zuzurechnenden Aktiva und Passiva nach den allg. Vorschriften des HGB zu bilanzieren. Steuerlich setzt sich die relevante Betrachtungsebene aus der Gesamthandsbilanz und Ergänzungsbilanz(en) sowie Sonderbilanz(en) zusammen (vgl. Schmidt: EStG (2022), § 15, Rn. 401).
- Die Gesamthandsbilanz weist hinsichtlich der abgebildeten Sachverhalte weitgehende Parallelen zum handelsrechtlichen JA auf – unter Anwendung des Bilanzsteuerrechts.
- In der Ergänzungsbilanz finden sich Wertkorrekturen zu den WG der Gesamthandsbilanz. Diese resultieren bspw. aus Gesellschafterwechseln, da die Beteiligung an einer PersG steuerlich nicht als eigenständiges WG angesehen wird. Wird ein Anteil veräußert, kommt es steuerlich zur (anteiligen) Übertragung der einzelnen aktiven und passiven WG der PersG. Bei Anschaffung über Buchwert müssen daher einzelne WG anhand der in ihnen wohnenden stillen Reserven aufgestockt werden. Da dies in der Gesamthandsbilanz jedoch zu Verzerrungen führt, erfolgt dies in einer eigenen Ergänzungsbilanz des Erwerbers. Die Wertkorrekturen der Ergänzungsbilanz können positiv wie negativ sein (vgl. Dinkelbach (2019), S. 211).
- In Sonderbilanzen werden hingegen WG erfasst, welche im wirtschaftlichen Eigentum eines Gesellschafters/Mitunternehmers der PersG stehen. Diese WG werden eingesetzt, um dem Betrieb der PersG unmittelbar zu dienen (sog. Sonder-BV I; z. B.: überlassene Immobilien, Patente, oder Darlehensforderungen sowie deren Finanzierung (als Verbindlichkeit der Sonderbilanz)), oder sie dienen der Beteiligung des Gesellschafters an der PersG (sog. Sonder-BV II; z. B.: Beteiligungen an Komplementär-Gesellschaften von KG, Anteile an KapG, welche mit der PersG in wesentlicher Geschäftsbeziehung stehen oder Verbindlichkeiten aus der Finanzierung der PersG-Beteiligung).
Rn. 371
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Auf Ebene gewerblich tätiger PersG sind latente Steuern für künftige GewSt-Be- und -Entlastungen zu bilden. Den handelsrechtlichen Wertansätzen sind die steuerlichen Wertansätze gegenüberzustellen, welche sich aus den Werten der Gesamthandsbilanz und der Ergänzungsbilanz(en) zusammensetzen (vgl. IDW RS HFA 7 (2017), Rn. 20). WG der Sonderbilanzen sind nach Ansicht des IDW hingegen nicht mit in die Steuerlatenzbetrachtung der PersG einzubeziehen (vgl. IDW RS HFA 7 (2017), Rn. 20; ebenso DRS 18.39), da für diese kein handelsrechtlicher Wertansatz bei der PersG existiere. Dieser Auffassung ist – trotz berechtigten Einwendungen hinsichtlich der GewSt-Effekte der Sonderbilanz (vgl. HdJ, Abt. I/18 (2019), Rn. 136) – vor dem Hintergrund der Vereinfachung zuzustimmen. Da Wertdifferenzen von Sonderbilanzen auch beim Gesellschafter der PersG keine GewSt-Wirkung entfalten, kommt es im Ergebnis zu einer insgesamt bestehenden Irrelevanz dieser Differenzen für latente GewSt (vgl. Kastrup/Middendorf, BB 2010, S. 815 (820); Ley, KÖSDI 2011, S. 17425 (17 432f., dortige Rn. 41, 46)). Teilweise wird gefordert, bei der Betrachtung der temporären Differenzen der PersG auch die Gesellschafter einzubeziehen. Hintergrund ist, dass bei Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils die hieraus entstehenden Gewinne und Verluste gemäß § 7 Satz 2 GewStG nicht zum Gewerbeertrag gehören, soweit diese auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfallen. Dies gilt auch, wenn die PersG selbst einen Betrieb oder Teilbetrieb veräußert. Kommt es in diesen Fällen zum Ausgleich von Differenzen, erfolgt dies ohne GewSt-Wirkung (vgl. Kastrup/Middendorf, BB 2010, S. 815 (816)).
Beispiel:
Veräußerungsgewinn bei Beteiligung natürlicher Personen
An der GewSt-pflichtigen X-GmbH & Co. KG, welche § 274 anwendet, ist die natürliche Person A als Kommanditist zu 100 % am Vermögen und Gewinn beteiligt. Bei der X-GmbH & Co. KG besteht eine temporäre Differenz zwischen Handels- und Gesamthandsbilanz i. H. v. 10.000 EUR. Zum 30.07.t1 veräußert die X-GmbH & Co. KG ihren gesamten Betrieb, wodurch ein Gewinn von 500.000 EUR entsteht. Durch den Verkauf des ganzen Betriebs löst sich auch die temporäre Differenz bei der X-GmbH & Co. KG auf. Da das Veräußerungsergebnis zu 100 % auf die natürliche Person A entfällt, wird hierauf gemäß § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG im Ergebnis keine GewSt erhoben.
Rn. 372
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Diese Möglichkeit der GewSt-neutralen Differenzauflösung ist bei der Bemessung latenter Steuern zu berücksichtigen (vgl. Kastrup/Middendorf, BB 2010, S. 815 (816); Ley, KÖSDI 2011, S. 17425 (17 435f., dortige Rn. 57)). Das IDW (RS HFA 7 (2017), Rn. 19) bietet hierfür zunächst eine pragmatische Lösung an, indem für die Bilanzierung von Steuerlatenzen grds. eine zeitlich unbegrenzte Zugehörigkeit der Gesellschafter zur PersG unterstellt wird. Dies bedeutet eine steuerwirksame Differenzauflösung außerhalb des § 7 Satz 2 GewStG. Nur für die Fälle, in denen eine unmittelbar beteiligte natürliche Person bis zum BilSt eine Kündigung oder Anteilsveräußerun...