Prof. Dr. Norbert Herzig, Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 136
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Handelsrechtlich finden mit der Bewertung zum Erfüllungsbetrag (vgl. § 253 Abs. 1 Satz 2) künftige Preis- und Kostensteigerungen Eingang in die Bewertung, d. h. der nach den Preis- und Kostenverhältnissen im voraussichtlichen Erfüllungszeitpunkt bemessene Erfüllungsbetrag ist heranzuziehen. Steuerlich sind der Bewertung demgegenüber die Wertverhältnisse am BilSt zugrunde zu legen (sog. steuerliches Stichtagsprinzip; vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. f) EStG). Künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen steuerlich nicht berücksichtigt werden. Abweichungen auf Bewertungsebene sind bereits insoweit zwingend.
Rn. 137
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die handelsrechtliche Bewertung zum Erfüllungsbetrag wird folgerichtig ergänzt um eine Abzinsungsverpflichtung für Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr (vgl. § 253 Abs. 2 Satz 1). Abzuzinsen ist mit dem laufzeitkongruenten durchschnittlichen Marktzinssatz der letzten sieben GJ. Steuerlich sind Rückstellungen für unverzinsliche Geld- ebenso wie Sachleistungsverpflichtungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr – ungeachtet der fehlenden Berücksichtigung etwaiger Preis- und Kostensteigerungen – ebenfalls abzuzinsen, wobei dies wiederum losgelöst von Restlaufzeit und/oder Marktzins mit einem fixen Zinssatz i. H. v. 5,5 % zu erfolgen hat (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a lit. e) EStG). Die steuerlich zwingende Rückstellungsbewertung zu einem fixen Zinssatz bei Ausschluss der Berücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen führt bei längerfristigen Rückstellungen zu einer massiven, allein aus fiskalischen Erwägungen getragenen Unterbewertung. Zwingende Abweichungen zwischen HB und StB können damit im Rückstellungsbereich ganz erhebliche Ausmaße annehmen (vgl. zur Problematik der Verfassungsmäßigkeit des steuerlichen Zinsfußes HdR-E, Kap. 3 Rn. 131).
Rn. 138
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die steuerlichen Bewertungssonderregelungen für Rückstellungen (vgl. HdR-E, Kap. 3, Rn. 75ff.) führen unter Berücksichtigung der von Rspr. und Finanzverwaltung vertretenen Deckelung steuerlicher Rückstellungswerte auf den handelsrechtlichen Wert (formelle Höchstwertmaßgeblichkeit; vgl. BFH, Urteil vom 13.07.2017, IV R 34/14, BFH/NV 2017, S. 1426; R 6.11 Abs. 3 EStR (2012); ferner dazu HdR-E, Kap. 3, Rn. 19) zu zwingenden Abweichungen zwischen HB und StB, wenn die handelsrechtlichen Wertansätze die durch § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG vorgesehenen übersteigen.
Rn. 139–140
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
vorläufig frei