Dipl.-Ök. Heinz-Hermann Hellen, Dr. Martin Vosseler
Rn. 96
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Wird nach den Zurechnungsgrundsätzen (vgl. hierzu HdR-E, Kap. 6, Rn. 26ff.) das wirtschaftliche Eigentum am Leasingobjekt dem Leasingnehmer zuerkannt, hat dieser den VG nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (vgl. hierzu ausführlich Beisse, StuW 1981, S. 1ff.; Beisse, StuW 1984, S. 1ff.; BFH, Urteil vom 28.01.1965, IV 179/64 U, BStBl. III 1965, S. 261ff.; Gruber (1991), S. 7ff.; Körner, BB 1974, S. 797ff.; Moxter, StuW 1989, S. 232ff.) mit seinen AK zu aktivieren. Der Ausweis des Leasingvermögens erfolgt i. d. R. im Sach-AV (vgl. Findeisen (1998b), Rn. 12f.; HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 244).
Rn. 97
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Besondere Bedeutung kommt im Fall der Zurechnung des Leasinggegenstands zum Leasingnehmer der Ermittlung der AK des Leasingobjekts zu, da der originäre Anschaffungs- respektive Herstellungsvorgang – und damit der Erwerb des rechtlichen Eigentums – regelmäßig vom Leasinggeber vorgenommen wird. Die ursprünglichen AHK sind dann ausschließlich Letzterem bekannt. Durch den Leasingvertrag überträgt der Leasinggeber das wirtschaftliche Eigentum auf den Leasingnehmer. Folglich ist nicht das zwischen Hersteller und Leasinggeber vereinbarte Entgelt als AK des Leasingobjekts aus Sicht des Leasingnehmers maßgebend; vielmehr hat der Leasingnehmer die aus dem Leasingvertrag resultierenden Aufwendungen als AK des Leasinggegenstands zu aktivieren, d. h., bei der AK-Ermittlung ist auf die (barwertigen) vertraglich fixierten Leasingraten zzgl. eines ggf. vereinbarten Options- bzw. Andienungspreises abzustellen (vgl. Findeisen (1998b), Rn. 15f.; HdJ, Abt. I/8 (2020), Rn. 245).
Rn. 98
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
In den Leasingraten sind neben den ursprünglichen AHK des Leasingobjekts u. a. Zinsen eingerechnet. Der Zinsanteil der Leasingraten stellt aus Sicht des Leasingnehmers jedoch keinen Teil des Anschaffungsgeschäfts dar (vgl. Findeisen (1998b), Rn. 16). Folglich ist der Anschaffungspreis des Leasingobjekts nicht über den Nominalwert der Leasingraten zu bestimmen, sondern über deren Barwert. Als Abzinsungssatz ist der Barwertermittlung der Marktzinssatz von Finanzierungsgeschäften mit vergleichbaren Laufzeiten zugrunde zu legen, da dem Leasingnehmer der vom Leasinggeber in der internen Kalkulation unterstellte Zinssatz nicht bekannt sein dürfte (vgl. ADS (1995), § 255, Rn. 78f.).
Rn. 99
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Ein weiteres Problem bei der AK-Ermittlung des Leasingnehmers können in die Leasingraten einkalkulierte Serviceleistungen (bspw. Wartungs- oder Reparaturkosten) des Leasinggebers darstellen. Diese sind beim Leasingnehmer nicht Bestandteil der AK des Leasingobjekts. Da ihre Höhe zu Beginn der Vertragslaufzeit häufig nicht exakt bezifferbar sein wird, ist sie zu schätzen.
Rn. 100
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Trägt der Leasingnehmer Kosten, die der Versetzung des Leasinggegenstands in einen betriebsbereiten Zustand dienen (z. B. Transport- oder Montagekosten), sind diese als Anschaffungsnebenkosten Bestandteil der AK des Leasingobjekts. Übernimmt der Leasinggeber diese Kosten, werden sie über die Leasingraten auf den Leasingnehmer überwälzt. In diesem Fall sind sie also bereits in der Anschaffungspreisermittlung des Leasingnehmers enthalten.
Rn. 101
Stand: EL 40 – ET: 09/2023
Um die Erfolgsneutralität des Anschaffungsgeschäfts zu wahren, hat der Leasingnehmer seine Leistungsverpflichtung aus dem Vertragsverhältnis als Verbindlichkeit zu passivieren. Im Zuge des BilMoG wurde klargestellt, dass der Ansatz der Verbindlichkeit nach § 253 Abs. 1 Satz 2 mit ihrem Erfüllungsbetrag zu erfolgen hat (vgl. HdR-E, HGB § 253, Rn. 53ff.; HdJ, Abt. VI/1 (2012), Rn. 249; für den Fall des Ratenkaufs Beck Bil-Komm. (2022), § 253 HGB, Rn. 66f.; Brösel/Mindermann/Zwirner, StuB 2009, S. 647 (648); zu Ausnahmefällen, bei denen für den Ansatz des Vereinnahmungsbetrags plädiert wird, Lüdenbach/Freiberg, BB 2012, S. 1911ff.). Diesem Wertmaßstab wird der Barwert der Leasingzahlungen gerecht, denn bei den im Rückzahlungsbetrag der Leasingverbindlichkeit enthaltenen Zinsen handelt es sich um nicht zu passivierende sog. "verdeckte künftige Zinszahlungen" (Beck Bil-Komm. (2022), § 253 HGB, Rn. 66) aus einem schwebenden Kreditgeschäft. Bei Anwendung der nunmehr kodifizierten Bewertungsmethode stimmen im Zeitpunkt der erstmaligen Bewertung i. d. R. der Wertansatz des Leasinggegenstands und die Höhe der Verbindlichkeit gegenüber dem Leasinggeber überein (vgl. Tonner (2022), Kap. 3, Rn. 45). Wertunterschiede können sich bspw. im Fall von vom Leasingnehmer selbst zu tragenden Anschaffungsnebenkosten ergeben.