Dr. Alfred Simlacher, Dr. Stephan Vossel
Rn. 315
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Der Ansatz und die Auflösung von latenten Steuern auf temporäre Differenzen der Organgesellschaft erfordert eine rechtsträger- und zeitraumbezogene Betrachtung. Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob der Ansatz von latenten Steuern der Organgesellschaft oder dem Organträger obliegt, ist der Zeitpunkt der Umkehrung der temporären Differenzen. Fällt diese in die vor- oder nachorganschaftliche Zeit, ist ein Ansatz bei der (künftigen oder ehemaligen) Organgesellschaft geboten, weil sie selbst Steuerschuldner ist. Kehren sich temporäre Differenzen hingegen während des Bestehens der Organschaft um, sind sie dem Organträger zuzurechnen. Daher sind folgende Kategorien zu unterscheiden:
Übersicht: Kategorien temporärer Differenzen auf Ebene der Organgesellschaft (in Anlehnung an: Braun (2015), S. 150)
Kategorie (1) betrifft die vororganschaftliche Entstehung und Auflösung von temporären Differenzen ohne Auswirkung auf die organschaftlichen oder nachorganschaftlichen Zeiträume. Demnach setzt die (künftige) Organgesellschaft die latenten Steuern an.
Kategorie (2) umfasst die temporären Differenzen, die vororganschaftlich entstanden sind und sich während des Bestehens der Organschaft auflösen. In diesem Fall sind die latenten Steuern im Abschluss des Organträgers anzusetzen.
Bei Kategorie (3) handelt es sich um den typischen Anwendungsfall latenter Steuern in Organschaftsverhältnissen. Temporäre Differenzen entstehen in organschaftlicher Zeit und kehren sich vor Beendigung der Organschaft vollständig um. Damit stellen sie Mehr- und Minderabführungen i. S. v. § 14 Abs. 4 Satz 1f. KStG dar, die das dem Organträger zuzurechnende Einkommen erhöhen bzw. reduzieren. Diese künftigen steuerlichen Mehr- und Minderbelastungen, die sich aus der Veränderung von temporären Differenzen der Organgesellschaften ergeben, hat der Organträger bei der Ermittlung der aktiven bzw. passiven latenten Steuern zu berücksichtigen.
Den Kategorien (4) und (5) ist gemeinsam, dass sowohl die Ursache für das Entstehen der temporären Differenzen als auch die künftigen steuerlichen Wirkungen (Mehr- respektive Minderbelastungen) bei demselben Rechtsträger, der Organgesellschaft, zusammenfallen und somit Personenidentität vorliegt (vgl. Herzig/Fuhrmann (2012), Kap. IV/C, Rn. 207). Latente Steuern sind bei der Organgesellschaft anzusetzen (vgl. DRS 18.34).