Prof. Dr. Karlheinz Küting, Dr. Michael Reuter
Rn. 40
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
§ 42 Abs. 2 GmbHG enthält eine spezielle Bilanzierungsanweisung für Nachschüsse. Nachschüsse sind Gesellschafterbeiträge in Form von Geldeinlagen, welche allein auf statutarischer Grundlage und auf Einforderung der Gesellschaft über den Nennbetrag der Geschäftsanteile hinaus zur Vermehrung des Gesellschaftsvermögens zu leisten sind und von den Gesellschaftern einseitig nicht zurückgefordert werden können (vgl. Scholz-GmbHG (2022), § 26 GmbHG, Rn. 6). Der Gesellschaftsvertrag kann eine beschränkte oder unbeschränkte Nachschusspflicht vorsehen (vgl. §§ 26ff. GmbHG). Die Einforderung der Nachschüsse hat – soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt – nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu erfolgen und ist grds. nur dann zulässig, wenn zuvor die Stammeinlagen in voller Höhe eingefordert worden sind (vgl. zu den Ausnahmen Burkert (1981), S. 95). Das GmbHG sieht eine gesetzliche Nachschusspflicht nicht vor; auch gibt es keine freiwilligen Nachschüsse der einzelnen Gesellschafter i. S. d. Gesetzes auf das gezeichnete Kap. (vgl. Niehus (1982), S. 319).
Die Aktivierung von Ansprüchen zur Einziehung von Nachschüssen setzt zwei Bedingungen voraus:
(1) |
Die Einziehung der Nachschüsse muss auf der Grundlage eines Gesellschafterbeschlusses bereits beschlossen sein; die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Möglichkeit der Einforderung ist somit nicht ausreichend (vgl. Lutter/Hommelhoff (2023), § 42 GmbHG, Rn. 56); |
(2) |
den Gesellschaftern darf kein Recht zustehen, sich durch Verweisung auf den Geschäftsanteil von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien (sog. Abandonrecht). Kontrastierend zur beschränkten Nachschusspflicht sieht § 27 GmbHG für den Fall einer unbeschränkten Nachschusspflicht grds. ein Abandonrecht des Gesellschafters vor. Eine Aktivierung des Anspruchs der Gesellschaft ist daher nur zulässig, wenn die einmonatige Abandonfrist verstrichen ist und die Gesellschaft ihrerseits auf das Recht des § 27 Abs. 1 Satz 2 GmbHG verzichtet hat. |
Liegen beide Voraussetzungen vor, ist der nachzuschießende Betrag auf der Aktivseite unter den Forderungen gesondert unter der Bezeichnung "Eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen, soweit mit der Zahlung gerechnet werden kann. Gleichzeitig ist ein dem Aktivposten entsprechender Betrag auf der Passivseite unter dem Posten "Kapitalrücklage" gesondert auszuweisen (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG).
Das eingezahlte Nachschusskap. unterliegt grds. dem Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG. Seine Rückzahlung, die einen Beschluss der Gesellschafter nach § 46 Nr. 3 GmbHG erfordert, ist demnach unzulässig, soweit das Nachschusskap. zur Deckung von Verlusten am Stammkap. erforderlich ist (vgl. § 30 Abs. 2 GmbHG). Weiterhin ist eine Rückzahlung in dem Umfang nicht möglich, wie das Nachschusskap. zur Tilgung eines Bilanzverlusts bzw. Verlustvortrags oder Kap.-Erhöhung aus Gesellschaftsmitteln "verbraucht" wurde.
Das Nachschusskap. hat in der Wirtschaftspraxis keine große Bedeutung erlangt. Als Gründe sind insbesondere die "leichteren Wege der Kapitalbeschaffung in der Form von Zuschüssen oder Gesellschafterdarlehen aufgrund einer Verpflichtung nach § 3 Abs. 2 GmbHG oder auf freiwilliger Basis" (Burkert (1981), S. 93) zu nennen.