Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 345
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Die Abzinsung von Rückstellungen unterliegt dem Einzelbewertungsgrundsatz. D. h., jede ungewisse Verbindl. ist nach ihren individuellen wertbestimmenden Merkmalen zu bewerten und damit auch mit dem ihrer jeweiligen Restlaufzeit entspr. Marktzins abzuzinsen. Für Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen enthält § 253 Abs. 2 Satz 2 eine Ausnahme vom Einzelbewertungsgrundsatz. Sie dürfen "pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt". Für das Wahlrecht gilt der Stetigkeitsgrundsatz in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht (vgl. Fülbier/Kuschel/Selchert, HdR-E, HGB § 252).
Der Anwendungsbereich dieser Vereinfachungslösung ist in zweifacher Weise eingeschränkt. Sachlich gilt sie nur für Altersversorgungsverpflichtungen und vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen. Altersversorgungsverpflichtungen zeichnen sich durch einen Versorgungscharakter aus. D. h., der Empfänger der Zahlungen schuldet hierfür keine Gegenleistung mehr. Dieses Merkmal prägt Pensionen, Ruhegelder und Renten. Als Beispiele für vergleichbare Verpflichtungen nennt die RegB zum BilMoG Altersteilzeitverpflichtungen und Verpflichtungen aus Lebensarbeitszeitmodellen (vgl. BT-Drucks. 16/10067, S. 48). Eine Ähnlichkeit i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 wird man danach annehmen können, wenn es sich um Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern handelt, die aber – anders als die Pensionen – nicht an den Eintritt eines Versorgungsfalls anknüpfen. Nach Ansicht des IDW fallen hierunter zugesagte Leistungen bei Dienstjubiläen, Beihilfen, Vorruhestandsgelder, Übergangsgelder sowie Sterbegelder (vgl. IDW RS HFA 30, Rn. 8; näher hierzu HdR-E, HGB § 249, Rn. 600ff.). Eine sinngem. Anwendung der Vereinfachungslösung auf andere langfristige Verpflichtungen scheidet aus.
Rn. 346
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Die Ausnahme vom Einzelbewertungsgrundsatz steht unter einem weiteren Vorbehalt. Sie darf das vom JA zu vermittelnde, den tatsächlichen Verhältnissen entspr. Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht beeinträchtigen. Auf Altersteilzeitverpflichtungen ist sie bspw. nicht anwendbar. Ihre Restlaufzeit liegt regelmäßig unter sechs Jahren. Entspr. gilt für geschlossene Versorgungswerke, die ausschließlich Rentnerbestände aufweisen. Nicht anwendbar ist die Vereinfachungslösung auch dann, wenn die durchschnittliche Restlaufzeit der zu diskontierenden Verpflichtungen deutlich über 15 Jahren liegt. Zu denken ist etwa an UN, die nur wenigen jungen Mitarbeitern eine Altersversorgung zugesagt haben. Zwar führt die pauschale Abzinsung in dieser Konstellation zu einem zu hohen Rückstellungsansatz, was mit Blick auf das Vorsichtsprinzip weniger bedenklich erscheint. Auch überhöhte Rückstellungen beeinträchtigen indes den Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des UN (großzügiger IDW RS HFA 30, Rn. 57).