Dr. Eckart Ischebeck, Astrid Nissen-Schmidt
Rn. 36
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die Regelung des § 5 Abs. 6 PublG dient der Befreiung der dem PublG unterliegenden UN von den besonderen Vorschriften des PublG. Eine Befreiung ist dabei an die Bedingung geknüpft, dass sie in den KA eines MU i. S. d. § 11 PublG oder § 290 einbezogen sind und sie im Übrigen die entsprechend geltenden Voraussetzungen des § 264 Abs. 3 erfüllen.
Rn. 37
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die Befreiung von den besonderen Anforderungen des PublG umfasst die sonst anzuwendenden folgenden Vorschriften:
- Aufstellung von JA und Lagebericht nach den Regeln des § 5 Abs. 1ff. PublG;
- Prüfung des JA durch einen AP (vgl. § 6 PublG) sowie durch einen ggf. bestehenden AR (vgl. § 7 PublG);
- Feststellung des JA (vgl. § 8 PublG);
- Offenlegung von JA und Lagebericht (vgl. § 9 PublG);
- Nichtigkeit des JA wegen Verletzung der Prüfungsvorschriften (vgl. § 10 PublG);
- Konzern-RL nach dem PublG einschließlich einer Konzern-RL von Teilkonzernen i. d. S. §§ 11–15 PublG (vgl. ebenso ADS (2001), § 5 PublG, Rn. 14; Beck Bil-Komm. (2022), § 264b HGB, Rn. 81).
Das den KA aufstellende UN muss ein inländisches MU sein. Es muss sich um ein UN i. S. d. § 11 PublG (vgl. zum UN-Begriff stellvertretend Küting, BFuP 2015, S. 21 (23ff.), m. w. N.) handeln oder es muss als KapG bzw. KapG & Co. zur RL nach § 290 verpflichtet sein. Letztere Konstellation wird nur in dem seltenen Fall vorkommen, in dem bei einer PersG mit einer natürlichen Person als Vollhafter ein anderer Gesellschafter in der Rechtsform einer KapG/KapG & Co. Beherrschung i. S. d. § 290 ausübt.
Auch in einem mehrstufigen Konzern ist eine Befreiung über mehrere Konzernstufen möglich (vgl. Beck-HdR, B 110 (2019), Rn. 165). Die Einbeziehung muss durch Vollkonsolidierung erfolgen (vgl. §§ 300ff.).
Rn. 38
Stand: EL 36 – ET: 06/2022
Die neben der Einbeziehung in einen KA entsprechend zu beachtenden Voraussetzungen des § 264 Abs. 3 sind:
- Sämtliche Gesellschafter müssen der Befreiung für das jeweilige GJ zugestimmt haben (vgl. Beck-HdR, B 110 (2019), Rn. 27ff.). Der Beschluss muss entsprechend § 9 PublG i. V. m. § 325 offen gelegt werden. Die Offenlegung kann den Wortlaut des Beschlusses zum Gegenstand haben. Der Hinweis, dass ein Zustimmungsbeschluss nach Maßgabe des § 264 Abs. 3 gefasst wurde, müsste den Sinn und Zweck der Vorschrift erfüllen. Eine Beschränkung auf einzelne Befreiungstatbestände, z. B. die Offenlegung, ist zum Ausdruck zu bringen.
- Einstandsverpflichtung des MU für die vom TU bis zum Abschlussstichtag eingegangenen Verpflichtungen. Im Fall eines MU in Gestalt eines Einzelkaufmanns oder einer PersG mit einer natürlichen Person als Vollhafter kommt die gesetzliche Haftung dieses unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafters (vgl. §§ 128 und 161 Abs. 2) der Einstandsverpflichtung gleich. Durch deren Haftung gegenüber den Gläubigern ist der Bestand der Gesellschaft in gleichwertiger Weise geschützt (vgl. Beck-HdR, B 110 (2019), Rn. 166; Beck Bil-Komm. (2022), § 264b HGB, Rn. 85). Einer Offenlegung dieser Situation entsprechend § 325 bedarf es nicht; denn die Haftung dieser Gesellschafter ist durch ihre Eintragung aus dem Handelsregister ersichtlich. Lediglich in Fällen, in denen das konsolidierungspflichtige MU keinen vollhaftenden Gesellschafter in Gestalt einer natürlichen Person hat, bedarf es einer Einstandserklärung mit entsprechender Offenlegung.
- Der befreiende KA und Konzernlagebericht müssen nach dem Recht des Staates, in dem das MU seinen Sitz hat, aufgestellt sein und sowohl im Einklang mit der Bilanz-R 2013/34/EU (ABl. EU, L 182/19ff. vom 26.06.2013) als auch AP-R 2006/43/EG (ABl. EU, L 157/87ff. vom 09.06.2006, ABl. EU, L 158/196ff. vom 27.05.2014) stehen.
- Angabe der Befreiung des TU im Konzernanhang des MU. Aufzunehmen ist nur der Hinweis auf die Inanspruchnahme des § 5 Abs. 6 PublG i. V. m. § 264 Abs. 3. Der Umfang der Inanspruchnahme braucht nicht angegeben zu werden. Wo im Anhang diese Angabe gemacht wird, ist nicht geregelt. Ein geeigneter Platz wäre die Aufstellung des Anteilsbesitzes (vgl. § 313 Abs. 2 Nr. 1), in der die Angabe mit Hilfe einer Fn. bei betreffendem TU vermerkt werden könnte. Hat das MU die Schutzklausel des § 313 Abs. 3 in Anspruch genommen, müssen die TU, für die die Befreiung in Anspruch genommen werden soll, im Konzernanhang genannt werden. Anderenfalls entfallen die Befreiungsmöglichkeiten nach § 5 Abs. 6 PublG (vgl. LG Bonn, Beschluss vom 06.05.2010, 36 T 837/09, NJW-RR 2010, S. 1406f.; Beck Bil-Komm. (2022), § 264 HGB, Rn. 197).
Die Offenlegung gemäß § 325 für das zu befreiende TU hat dabei die folgenden Unterlagen zu umfassen:
- Gesellschafterbeschluss zur Inanspruchnahme der Befreiungsmöglichkeit;
- Erklärung zur Übernahme der Einstandsverpflichtung;
- KA und Konzernlagebericht des MU sowie der dazu erteilte BV.