Rn. 10

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Der AP hat den JA nicht nur auf formale, sondern auch auf materielle Richtigkeit zu prüfen (vgl. § 317). Dieser Pflicht kann er nur nachkommen, wenn ihm neben dem JA, dem Lagebericht und dem gesonderten nichtfinanziellen Bericht als Prüfungsunterlagen auch alle dem JA und Lagebericht zugrunde liegenden Aufzeichnungen, also die Bücher und Schriften, vorgelegt werden, wie dies § 320 Abs. 1 fordert. Die Begriffe "Bücher" und "Schriften" sind mithin weit auszulegen. Der AP hat das Recht, die ihm vorgelegten Unterlagen zu kopieren (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 75; ISA [DE] 230 (2020), Rn. 6).

 

Rn. 11

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Neben dem Haupt- und Grundbuch umfasst der Begriff Bücher auch die Nebenbücher, wie die Betriebsbuchhaltung, sowie Statistiken, Kalkulationen und andere Aufzeichnungen (vgl. ADS (2000), § 320, Rn. 17). Zu den Aufzeichnungen, die der Prüfer einsehen darf, gehören zudem Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen, da diese für eine Systemprüfung unentbehrlich sind. Auch gebundene Belege oder auf Datenträgern gespeicherte Daten zählen zu den Büchern (vgl. § 239 Abs. 4). Ferner umfasst das Prüfungs- und Einsichtsrecht die verwendeten EDV-Systeme. Für elektronisch gespeicherte Daten ist die technische Lesbarkeit zu gewährleisten (vgl. Haufe HGB-Komm. (2021), § 320, Rn. 17). Praktisch wird das Prüfungs- und Einsichtsrecht mitunter durch eigene EDV-Zugänge des AP ergänzt. Dabei sind die Zugänge des AP so zu konfigurieren, dass der AP die Daten lediglich lesen, aber nicht verändern kann.

 

Rn. 12

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Schriften sind Belege und Geschäftsunterlagen i. S. v. § 257 Abs. 1 Nr. 2 bis 4. Darunter fallen v.a. Rechnungen, Quittungen, Handelsbriefe, Frachtbriefe, Buchungsanweisungen und Verträge. Ebenso umfasst der Begriff Prozessakten, Protokolle von Vorstands-, Gesellschafter- und AR-Sitzungen, Unterlagen über den Bestand und Marktwert von Finanzinstrumenten, Arbeitsmaterialien der internen Revision und Personalunterlagen (vgl. KK-RLR (2011), § 320 HGB, Rn. 8; Bonner HGB-Komm. (2021), § 320, Rn. 33).

 

Rn. 12a

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Auch in die Zukunft gerichtete Aufzeichnungen, wie Planungsrechnungen, Investitionsrechnungen etc., gehören unbestreitbar unter das Prüfungs- und Einsichtsrecht, da solche Dokumentationen bspw. die Grundlage für die Beurteilung des AP bezüglich der Angemessenheit der Annahme der UN-Fortführung sind (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 2; IDW PS 270 (2021), Rn. 21, A18ff.) und für die Bewertung v.a. von langfristigen VG und Schulden notwendig sein können. Auch die erforderlichen Angaben "unter dem Strich" der Bilanz (vgl. § 251), im Anhang (vgl. z. B. § 285 Nr. 3 und 3a) sowie im Lagebericht, die die "voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken" (§ 289 Abs. 1 Satz 4) betreffen, kann der AP ohne Einsicht in zukunftsbezogene Aufzeichnungen nicht prüfen.

 

Rn. 13

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Gemäß § 320 Abs. 1 Satz 2 ist dem AP zu gestatten, die VG der KapG zu prüfen. Nach dem Sinn der Vorschrift, die Prüfung des gesamten JA zu ermöglichen, und der übereinstimmenden Kommentierung stehen die im Gesetz explizit genannten VG "Kasse und die Bestände an Wertpapieren und Waren" beispielhaft für alle Positionen der Aktivseite der Bilanz (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 320 HGB, Rn. 7; ADS (2000), § 320, Rn. 24), also auch für aktive Positionen, die keine VG sind. Hierzu zählen RAP (vgl. § 250 Abs. 1) und ein Disagio (vgl. § 250 Abs. 3) sowie Positionen, für die die Eigenschaft des VG bestritten wird. Dies gilt selbstverständlich auch für den GoF, der nur fiktiv in den Rang eines VG erhoben wurde (vgl. § 246 Abs. 1 Satz 4) sowie für aktive latente Steuern und den aktiven Unterschiedsbetrag aus der Verrechnung von VG und Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen (vgl. Ernst/Seidler, BB 2009, S. 766). Sinn dieser Vorschrift ist es, dem AP die Möglichkeit zu geben, sich von dem Vorhandensein und dem Wert der ausgewiesenen VG und anderer aktiver Positionen zu überzeugen, wie dies durch die berufsständischen Regeln vorgesehen ist (vgl. ISA [DE] 200 (2020), Rn. 11 f.).

 

Rn. 14

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In § 320 Abs. 1 Satz 2 wird auch die Prüfung der Schulden explizit genannt. Der Prüfer soll sich davon überzeugen können, ob die gewissen und ungewissen Schulden nach Art, Menge und Wert richtig und vollständig ausgewiesen sind. Auch das Wort "Schulden" steht hier analog zur Auslegung für die Aktivseite der Bilanz beispielhaft für alle Positionen der Passivseite, einschließlich des EK, der passivischen RAP (vgl. § 250 Abs. 2), aber auch der Bilanzvermerke, mit denen "unter dem Strich" die in § 251 bezeichneten Haftungsverhältnisse jeweils gesondert unter Angabe der gewährten Pfandrechte und sonstigen Sicherheiten anzugeben sind (vgl. § 268 Abs. 7). Ebenso darf der Prüfer die Unterlagen zu den Angaben im Anhang einsehen, denn auch für letztere besteht eine Prüfungspflicht. Das gilt z. B. auch für die nicht bilanzierungs- und nicht v...

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