Rn. 5
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Mit dem sog. Bilanzrichtlinien-Gesetz (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl. I 1985, S. 2355ff.) hat der deutsche Gesetzgeber die "Einheitlichkeit" des Begriffs "verbundene UN" bewusst aufgegeben (vgl. WP-HB (2021), Rn. C 310). So wurde neben der Vorschrift des § 15 AktG eine weitere Begriffsbestimmung verbundener UN in das HGB (vgl. § 271 Abs. 2) aufgenommen, die sich grundlegend von der aktienrechtlichen Regelung unterscheidet (vgl. HdR-E, HGB § 271, Rn. 86ff.).
Rn. 6
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Das Nebeneinander von zwei nicht einheitlichen Definitionen der verbundenen UN im AktG und HGB wird in der Literatur allg. als unbefriedigende Gesetzessystematik angeklagt (vgl. stellvertretend Dusemond/Küting/Wirth (2018), S. 27f.). Gleichzeitig führte dieses Nebeneinander zu einer umfangreichen Diskussion darüber, nach welcher Rechtsgrundlage (AktG oder HGB) der Kreis der verbundenen UN enger oder weiter zu sehen ist (vgl. Oser (1993), S. 19ff.; WP-HB (2021), Rn. C 311f.). Insbesondere Oser hat anhand zahlreicher Beispiele dargelegt, dass je nach Einzelfall entweder die aktien- oder handelsrechtliche Verbunddefinition zu einem weiterreichenden Verbundkonzept führen kann (vgl. Oser (1993), S. 20ff.).
Rn. 7
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Der wesentlichere Unterschied der beiden Verbundkonzeptionen liegt wohl in ihrer Zwecksetzung. Grds. Ziel bei der Umsetzung des BiRiLiG war die Harmonisierung der RL innerhalb der EU. Dies wiederum erfolgte vor dem Hintergrund, die Informationen, die die RL einem interessierten Leser über ein UN zur Verfügung stellen kann, international verständlicher, transparenter und wahrscheinlich auch besser zu gestalten. Hierzu gehören ganz wesentlich auch Informationen über die Verbundbeziehungen von UN. Der Adressat einer RL, sei es der Aktionär, potenzielle Investor oder irgend ein anderer, will selbstverständlich wissen, welche Verbindungen ein UN zu anderen UN pflegt, und welche wirtschaftlichen Konsequenzen sich daraus ergeben bzw. ergeben können. Früher bestand die Pflicht zur Darlegung solcher Verbundinformationen lediglich für die RL der AG und ergab sich als Rechtsfolge aus den Vorschriften der §§ 15ff. AktG, insbesondere § 18 AktG. Seit Inkrafttreten des HGB i. d. F. des BiRiLiG sind aus den Verbunddefinitionen des AktG keine Rechtsfolgen mehr für die RL zu ziehen. Die Pflichten zur RL mit den entsprechenden Verbundinformationen wurden in ein anderes Gesetz (HGB) übernommen, gleichzeitig wurde der Kreis der davon betroffenen UN auf alle KapG (sowie haftungsbeschränkten PersG i. S. d. § 264a) erweitert. Die aktienrechtlichen Vorschriften behalten danach weiterhin ihre Wirkung, jedoch nicht hinsichtlich der RL, d. h., dass das diesbezügliche Informationsbedürfnis der RL-Adressaten nun von einem anderen Gesetz (HGB) bedient wird.
Rn. 8
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Der handelsrechtliche Begriff "verbundene UN" ist von KapG und haftungsbeschränkten PersG i. S. d. § 264a unmittelbar sowie von UN, die den Vorschriften des PublG unterliegen, mittelbar anzuwenden. Die Regelungen des AktG werden dadurch zwar nicht in ihrem Wortlaut, indes in ihrer Funktion wesentlich beeinflusst. Dabei sind folgende Anwendungsregeln zu beachten:
(1) |
Wird der Begriff "verbundene UN" im Dritten Buch des HGB (vgl. §§ 238–342a) verwendet, gilt die Vorschrift des § 271 Abs. 2. Diese Begriffsbestimmung ist ebenfalls maßgebend i. R.d. PublG (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 PublG). Sie bezieht sich somit auf die handelsbilanzielle RL und Prüfung und verfolgt als primäres Ziel die Offenlegung der UN-Verbindungen. |
(2) |
Soweit über die handelsbilanzielle RL und Prüfung hinaus auf den Tatbestand verbundener UN Bezug genommen wird, ist die Begriffsbestimmung des AktG maßgebend. Auf dieser Grundlage soll primär die Sicherung der Gesellschafter und Gläubiger sowie die Sicherung des UN selbst gegen Benachteiligungen durch den ausgeübten Einfluss eines anderen UN erreicht werden. |
Rn. 9
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Ist der Verbundtatbestand erfüllt, knüpft das HGB daran insbesondere Informations- und Berichtspflichten i. R.d. handelsrechtlichen JA, die dazu beitragen sollen, die Beziehungen zu verbundenen UN für die JA-Adressaten transparenter zu machen. So sind mittelgroße und große KapG sowie PersG i. S. d. § 264a gemäß § 266 Abs. 1 verpflichtet, folgende Bilanzposten gesondert auszuweisen, wobei dieser Pflicht i. R.d. Offenlegung des JA für mittelgroße UN auch alternativ im Anhang nachgekommen werden kann (vgl. § 327):
(1) |
Anteile an verbundenen UN im AV (vgl. § 266 Abs. 2 A. III. 1.); |
(2) |
Ausleihungen an verbundene UN (vgl. § 266 Abs. 2 A. III. 2.); |
(3) |
Forderungen gegen verbundene UN (vgl. § 266 Abs. 2 B. II. 2.); |
(4) |
Anteile an verbundenen UN im UV (vgl. § 266 Abs. 2 B. III. 1.); |
(5) |
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen UN (vgl. § 266 Abs. 3 C. 6.). |
Rn. 10
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Darüber hinaus sind folgende Vermerke und Vorspalteninformationen von allen KapG ebenso wie PersG i. S. d. § 264a gesondert auszuweisen: