Prof. Dr. Peter Oser, Dr. Peter Lauer
Rn. 40
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Es ist umstritten, ob die Zwecke eines EA nach den IFRS nicht i.W. denen eines JA nach HGB entsprechen (vgl. nur Böcking, WPg 2001, S. 1433 (1436f.); Böcking, WPg 2002, S. 925 (925f.); Zabel, WPg 2002, S. 919 (920)). Ein Abschluss nach den IFRS erfüllt den Dokumentationszweck ebenso wie ein handelsrechtlicher (HGB-)Abschluss. Gleichermaßen werden zum Zwecke der Selbstinformation des Kaufmanns bei Anwendung der IFRS im JA zusätzliche Instrumente zur Verfügung gestellt, zumal der Kaufmann z. B. weitere Abschlussbestandteile, namentlich eine KFR sowie eine EK-Veränderungsrechnung, erstellen muss und auch offen zu legen hat (vgl. IAS 1.10; ED/2019/7.10). Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Management i. R.d. Überarbeitung des RK aus dem Adressatenkreis eines IFRS-Abschlusses gestrichen wurde (vgl. RK.1.9; überdies HdR-E, Kap. 1, Rn. 37). Die Information Außenstehender wird dagegen mit einem IFRS-Abschluss ebenfalls erreicht.
Rn. 41
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Es gilt zu konstatieren, dass einerseits der KA, falls ein solcher – v.a. nach IFRS – erstellt wird, besser geeignet ist, den Informationsbedürfnissen externer Adressaten, vornehmlich der (potenziellen) Investoren, gerecht zu werden und deshalb im Fokus steht. Andererseits adressiert der JA in Deutschland – insbesondere hinsichtlich der Mehrzahl der UN, also kleiner und mittelständischer UN – nicht primär UN-externe Investoren. Dieser Abschluss dient vielmehr den aktuellen Gesellschaftern als Ausschüttungsbemessungs- und Informationsgrundlage, denn als Lenkungsinstrument des Managements bzw. Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung (vgl. hierzu etwa Eierle/Haller/Beiersdorf (2007), S. 9).
Rn. 42
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Bezüglich der Erfüllung dieser primären handelsrechtlichen Aufgaben weisen die IFRS deutliche Schwächen auf, da diese Zwecksetzung den IFRS fremd ist. Ersetzte man den HGB-JA durch einen IFRS-EA, mag dieser zwar den Zwecken der Information der (potenziellen) Investoren und – trotz ihres Ausschlusses aus dem Adressatenkreis – der Selbstinformation des Kaufmanns bzw. des Managements genügen; zur Erfüllung der weiteren Aufgaben wären jedoch zusätzliche Instrumente notwendig: konkret eine Ausschüttungsrechnung (vgl. hierzu auch Hennrichs, BFuP 2008, S. 415 (424)) sowie eine eigenständige StB. Eine Verwendung der IFRS für Zwecke der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens wurde zwar in der Vergangenheit immer wieder diskutiert, im Ergebnis aber abgelehnt (vgl. hierzu ausführlich HdR-E, Kap. 3, Rn. 349ff.).
Daher erscheint es bei der gegebenen Rechtslage für die – zumindest zahlenmäßige – Mehrheit der UN nicht sinnvoll, eine Ersetzung des handelsrechtlichen JA zu fordern (vgl. ebenso Fülbier/Gassen, in: FS Streim (2008), S. 135 (143ff.)). Ist von UN neben diesem Abschluss zusätzlich die Aufstellung und Offenlegung eines IFRS-EA gewünscht, so kann dem durch § 325 Abs. 2af. entsprochen werden.