Prof. Dr. Norbert Herzig, Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach
Rn. 321
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Zwingende ebenso wie bedingte Divergenzen zwischen HB und StB haben insbesondere mit dem BilMoG in ihrer Anzahl ganz erheblich zugenommen (vgl. mit a. A. Schanz/Schanz (2009), S. 17, die eine Annäherung von HB und StB konstatieren). Mit besonderer Deutlichkeit sichtbar wird dies i. R.d. Erstellung der standardisierten steuerlichen E-Bilanz i. S. d. § 5b EStG. Der durch die Finanzverwaltung geforderte Umfang standardisierter Anpassungen von Ansätzen/Beträgen an steuerliche Vorschriften (vgl. BMF, Schreiben vom 28.09.2011, IV C 6 – S 2133 – b/11/10009, BStBl. I 2011, S. 855ff.) vergegenwärtigt das gesamte (mögliche) Ausmaß der Abweichungen. Die mit dem BilMoG vorangetriebene Verselbständigung der StB wird unter Standardisierung der Bilanzinhalte durch § 5b EStG und dessen Verständnis durch die Finanzverwaltung weiter forciert. Die Anforderungen an ein Tax-Accounting sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Eine integrierte Steuerbuchführung, die bereits unterjährig eine steuerliche Beurteilung und buchhalterische Verarbeitung von Geschäftsvorfällen gewährleistet, hat die Erstellung von StB im Wege manueller Korrekturen in Drittsystemen im Anschluss an die Erstellung der HB weitestgehend abgelöst.
Rn. 322
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Die Bedeutung latenter Steuern hat mit der fortschreitenden Abkopplung der HB von der StB massiv zugenommen. Diese Entwicklung setzt sich aktuell mit der interpersonellen steuerlichen Verknüpfung von Passivierungsbeschränkungen unter Durchbrechung des Realisations- und AK-Prinzips durch § 4f und § 5 Abs. 7 EStG in einem weiten Anwendungsfeld fort (vgl. HdR-E, Kap. 3 Rn. 161ff.). Parallel dazu werden Prüffelder (bspw. die steuerliche Verzeichnisführung i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2f. EStG bei latenzbegründender abweichender Ausübung steuerlicher Wahlrechte) und Prüfmöglichkeiten (etwa durch die Überleitungsrechnung i. R.d. E-Bilanz-Verpflichtung i. S. d. § 5b EStG) der Finanzbehörden stetig erweitert.
Rn. 323
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Einheitsbilanzklauseln führen – soweit deren Umsetzung aufgrund zwingender Abweichungen nicht ohnehin ausgeschlossen ist – zu suboptimalen Bilanzierungsergebnissen. Der Spielraum bei einseitigen handels- oder steuerrechtlichen Wahlrechten wird aufgrund der gegebenen Bindung an Gebote/Verbote auf Null reduziert. Eine mit Einheitsbilanzklauseln angestrebte Vereinfachung (vgl. Priester, in: FS Heinsius (1991), S. 621 (624ff.)) vermag die damit insbesondere bei einseitigen steuerlichen Wahlrechten einhergehenden steuerlichen Nachteile respektive nicht nutzbaren steuerlichen Vorteile (vgl. bspw. § 6b EStG) nicht zu kompensieren. Bei dualen Wahlrechten ist bei Einheitsbilanzklauseln aufgrund der erforderlichen einheitlichen Ausübung eine Präferenzbildung zwischen handels- und steuerbilanziellen RL-Zielen notwendig, obschon dem Steuerpflichtigen mit der autonomen Ausübung steuerlicher Wahlrechte durch § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG gerade die Möglichkeit eröffnet wurde, in beiden Systemen zielkonform zu agieren. Einheitsbilanzklauseln sollten entsprechend überprüft bzw. sollte entweder auf die Vereinbarung derartiger Klauseln verzichtet oder sollten diese auf eine einheitliche Ausübung dualer Wahlrechte unter entsprechender Zielpräferenzierung beschränkt werden (vgl. Hennrichs, Ubg 2009, S. 533 (539f.); Herzig, DB 2010, S. 1 (6ff.); Zwirner, BB 2010, S. 491ff.).
Rn. 324–333
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
vorläufig frei