Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
A. Geltungsbereich der Norm
Rn. 1
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
§ 318 regelt die Bestellung und Abberufung des AP für alle Gesellschaften, die aufgrund der Vorschrift des § 316 prüfungspflichtig sind: Dies sind zum einen alle KapG, die nicht klein i. S. d. § 267 Abs. 1 sind, und zum anderen die unter § 264a fallenden besonderen PersG. Für beide Gruppen von UN gilt die Vorschrift des § 318 unmittelbar. Darüber hinaus wird in verschiedenen Spezialregelungen auf § 318 verwiesen (vgl. z. B. § 6 Abs. 1 PublG, § 14 Abs. 1 Satz 2 PublG, § 340k Abs. 1; § 341k Abs. 1; § 155 Abs. 3 Satz 1 InsO; § 8 Abs. 1 UBGG). Infolge dieser Verweise gilt § 318 auch für Pflichtprüfungen, die auf anderen Rechtsgrundlagen als auf der Vorschrift des § 316 beruhen. Ferner gilt § 318 auch für die Prüfung von KA und über den Verweis des § 324a Abs. 1 Satz 1 ebenfalls für die Prüfung von IFRS-EA i. S. d. § 325 Abs. 2a. Die Vorschriften zur Bestellung des AP sind auf die prüferische Durchsicht eines Halbjahresfinanzberichts entsprechend anzuwenden (vgl. § 115 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 7 WpHG). Mit dem am 24.07.2024 veröffentlichten RegE eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2464 (Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CRSD-UG) soll zudem ein neuer § 324d HGB-E eingefügt werden, wonach § 318 auch für die Bestellung und Abberufung des Prüfers eines Nachhaltigkeitsberichts entsprechend anzuwenden sein soll (vgl. BT-Drs. 20/12787, S. 23, 120).
Für sog. UN von öffentlichem Interesse (PIE) gelten zudem die Regelungen der Art. 16f. der AP-VO (EU) Nr. 537/2014 (ABl. EU, L 158/77ff. vom 27.05.2014), und zwar vorrangig vor nationalem Recht (vgl. auch HdR-E, HGB § 316a, Rn. 20f.; sodann HdR-E, HGB § 318, Rn. 75aff.).
Soweit UN freiwillig geprüft werden oder lediglich aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung prüfungspflichtig sind, gilt § 318 nicht (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1991, II ZR 189/90, NJW-RR 1992, S. 167f.; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 8).
B. Bestellung des Abschlussprüfers für den Jahres- und Konzernabschluss (Abs. 1)
I. Schritte der Bestellung im Überblick
Rn. 2
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Zur Bestellung des AP bedarf es neben der Wahl des AP durch die Gesellschafter zusätzlich des Abschlusses eines Prüfungsvertrags zwischen dem AP und den gesetzlichen Vertretern des prüfungspflichtigen UN. Der Terminus "Bestellung" umfasst also neben der Wahl des AP auch die Auftragserteilung durch Vertreter der Gesellschaft sowie die Auftragsannahme durch den AP. Allerdings werden die Worte "Bestellung" sowie "bestellen" auch für die Wahl und die Auftragserteilung verwendet, ohne dass der AP den Auftrag bereits angenommen hat.
II. Gesetzliche Regelung der Zuständigkeit zur Wahl des Abschlussprüfers (Abs. 1 Satz 1)
1. Wahl des Abschlussprüfers für den Jahresabschluss (Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz))
a) Vorbemerkung
Rn. 3
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§ 318 Abs. 1 Satz 1 legt als Grundsatz fest, dass die Gesellschafter des prüfungspflichtigen UN den AP wählen. Durch diese Regelung hat der Gesetzgeber den Anteilseignern als den risikotragenden Eigentümern das größte Interesse an der Durchführung und dem Ergebnis der Pflichtprüfung zugebilligt (vgl. Kerth, StB 1987, S. 338 (342)). Durch die Pflichtprüfung sollen die Rechte der Anteilseigner auf Teilhabe am Ergebnis und auf Rechenschaft der UN-Leitung gesichert werden. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn die Anteilseigner – wie im Falle einer AG, KGaA oder SE – die RL ansonsten weder beeinflussen noch kontrollieren können.
Der in § 318 Abs. 1 verwendete Singular "Abschlußprüfer" schließt nicht aus, dass mehrere AP gewählt werden (sog. Joint Audit; vgl. hierzu auch IDW PS 208 (2021), Rn. 4ff.). Die Prüfung des JA bzw. KA durch mehrere Prüfer ist also – wie bereits nach der Vorgängerregelung des § 163 Abs. 1 Satz 1 AktG 1965 – zulässig (vgl. BT-Drs. 10/4268, S. 117).
b) Wahlverfahren bei einer AG
Rn. 4
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Bei einer AG ist der AP auf der HV zu wählen (vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 5 AktG). Diese Regelung entspricht dem Grundsatz, dass die Aktionäre ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft auf der HV einer AG ausüben (vgl. § 118 Abs. 1 AktG). Die Wahl des AP wird regelmäßig in der ordentlichen HV, die über die Gewinnverwendung und Entlastung beschließt, stattfinden. Die Wahl des AP in einer außerordentlichen HV ist allerdings ebenfalls zulässig (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 12). Bei einer AG ist die Wahl durch die HV zwingend; dieses Recht kann nicht auf andere Organe, etwa Vorstand oder AR, übertragen werden (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 104). Das Wahlrecht der Aktionäre darf auch nicht durch Satzungsbestimmungen beschränkt werden (vgl. ADS (2000), § 318, Rn. 104; MünchKomm. AktG (1973), § 163, Rn. 6), wie dies bei GmbH-Gesellschaftern zulässig ist. Lediglich für das erste Voll- oder Rumpf-GJ einer AG wird der AP nicht durch die HV gewählt, sondern durch die Gründer bestellt (vgl. § 30 Abs. 1 Satz 1 AktG).
Rn. 5
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In formaler Hinsicht setzt die Wahl des AP voraus, dass der Vorstand (vgl. § 121 Abs. 2 Satz 1 AktG) die HV unter Bekanntm...