Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 200
§ 268 Abs. 4 HGB verlangt, dass Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr in einem gesonderten Posten ausgewiesen und Forderungen, die erst nach dem Abschlussstichtag entstehen, im Anhang erläutert werden.
Tz. 201
§ 268 Abs. 4 Satz 1 HGB beruht auf Art. 9 der 4. EG-Richtlinie. Die Vorschrift ermöglicht einen besseren Einblick in die Liquiditätslage. Sie ist vor allem im Zusammenhang mit § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB zu sehen. Die Gläubiger sollen anhand der Bilanz erkennen können, inwieweit ausstehende Forderungen im nächsten Jahr fällig sind und mit fälligen Verbindlichkeiten aus dem gleichen Zeitraum korrespondieren. Die Vorschrift ist allein auf Forderungen des Umlaufvermögens beschränkt, weil bei Forderungen des Anlagevermögens kein kurzfristiger Zugang zu erwarten ist.
Tz. 202
Nach ganz herrschender Meinung soll sich die Jahresfrist zwischen Bilanzstichtag und tatsächlich erwartetem Forderungseingang bestimmen. Diese Sichtweise ist aus der Perspektive des Bilanzlesers bedenklich. Statt korrekt auf Zahlungsschwierigkeiten von Schuldnern (bzw. Zahlungsunwilligkeit) hingewiesen zu werden, wird ihm lediglich eine längere Frist signalisiert. Nach § 285 HGB ist auch keine Anhangsangabe für den Fall von zu erwartenden Zahlungsverzögerungen vorgesehen. Besser scheint es daher zu sein, für die Fristberechnung allein auf den Zeitpunkt des vereinbarten Zahlungseingangs abzustellen und neben dem gesonderten Ausweis langfristiger Forderungen solche mit einem Davon-Vermerk gesondert auszuweisen, die zwar innerhalb des Jahres nach Bilanzstichtag zurückzuzahlen sind, jedoch aller Voraussicht nach nicht innerhalb dieser Zeit vollständig bezahlt werden. Nach § 265 Abs. 5 HGB ist ein solches Vorgehen gestattet.
Tz. 203
Vorjahreswerte können, müssen aber nicht angegeben werden. Kleine Kapitalgesellschaften müssen lediglich den Gesamtbetrag aller Forderungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr angeben, wenn sie von der Erleichterungsmöglichkeit des § 266 Abs. 1 Satz 3 HGB Gebrauch machen. Bei Kleinstkapitalgesellschaften entfällt der Ausweis, weil sie nur das Umlaufvermögen als solches ausweisen müssen.
Tz. 204
Antizipative sonstige Vermögensgegenstände müssen von großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften (für kleine Kapitalgesellschaften gilt die Befreiung gem. § 274a Nr. 1 HGB n. F. = Nr. 2 a. F.) im Anhang erläutert werden. Die Vorschrift beruht auf Art. 18 Satz 2 der 4. EG-Richtlinie. Das setzt jedoch voraus, dass es überhaupt künftige Vermögensgegenstände gibt, die zu aktivieren sind, weil andernfalls keine Erläuterungspflicht gegeben sein kann. Aufgrund des Realisationsprinzips bzw. des Nichtausweises schwebender Geschäfte finden sich fast keine Beispiele. Zu denken ist allenfalls an Steuererstattungsansprüche, die erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums entstehen, oder an phasengleich zu aktivierende Dividendenansprüche. Überzogen erscheint es, auch Ansprüche darunter zu fassen, die am Abschlussstichtag bereits entstanden, aber noch nicht fällig sind. Zwar lässt das die Richtlinie zu, doch sprechen bereits Gesetzeswortlaut und Gesetzgeberwille dagegen.
Tz. 205
§ 268 Abs. 5 HGB regelt den Ausweis von lang- und kurzfristigen Verbindlichkeiten, den Ausweis von erhaltenen Anzahlungen und den Ausweis künftiger Verbindlichkeiten.
Tz. 206
Wie § 268 Abs. 4 Satz 1 HGB beruht auch § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB auf Art. 9 der 4. EG-Richtlinie und dient einem besseren Einblick in die Liquiditätslage. Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von einem Jahr und weniger sind vermerkpflichtig. Die Vorschrift korrespondiert mit § 268 Abs. 4 Satz 1 HGB. Unter Vergleich der Beträge zuzüglich anderer liquider Mittel kann ein Bilanzleser erkennen, inwieweit die Schuldendeckung für das kommende Geschäftsjahr gesichert ist. Für die Frist kommt es auf den Zeitraum zwischen Abschlussstichtag und Fälligkeit an. Ein Jahr bedeutet, dass die Fälligkeit vor dem nächsten Abschlussstichtag liegt, soweit nicht der Stichtag geändert wird. Gem. § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB n. F. sind auch langfristige Verbindlichkeiten zu vermerken. Damit wird eine Anpassung nach Maßgabe von Art. 14 der Richtlinie 2013/34/EG vorgenommen.
Tz. 207
Stundungsvereinbarungen sind beachtlich, während beabsichtigte Stundungen und Leistungsverweigerungen unbeachtlich sind. Bei Ermittlung der Verbindlichkeiten ist von einem unverrechneten Ausweis auszugehen. Steht der Zahlungszeitpunkt im Streit, kann das Unternehmen seine Sichtweise für maßgebend halten, wenn es die Zahlung bis zum nächsten Abschlussstichtag auch verweigern wird. Ist jedoch bis zum nächsten Abschlussstichtag mit einem rechtskräftigen Urteil zu rechnen, muss die Verbindlichkeit zu den gem. § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB ausgewiesenen Verbindlichkeiten hinzugerechnet werden, weil das Urteil auch auf Zahlungsverpflichtung lauten kann.
Tz. 208
Allgemein ist § 268 Abs. 5 Satz 1 HGB mit einer großen Schwäche behaftet, weil die Vorschrift nur auf die a...