Dipl.-Oec. Andrea Bruckner, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 93
Die im öffentlichen Interesse wahrgenommene Funktion des Abschlussprüfers verlangt eine unabhängige Berufsausübung. Das in § 319 Abs. 2 HGB angesprochene und in §§ 20 ff. BS WP/vBP näher konkretisierte Gebot zur Unbefangenheit bei der Durchführung von Abschlussprüfungen steht in enger Verbindung zum Unabhängigkeitsgebot und ist von diesem kaum unterscheidbar. Die zusätzlichen allgemeinen berufsrechtlichen Vorgaben sind im Zuge der Auslegung des § 319 Abs. 2 HGB von besonderer Bedeutung.
Während § 319 Abs. 2 HGB generelle Regelungen zu Auswahl und Person des Wirtschaftsprüfers bzw. vereidigten Buchprüfers in seiner Funktion als Abschlussprüfers enthält, die in § 319 Abs. 3 HGB mit absoluten Ausschlussgründen konkretisiert werden, differenzieren die Vorschriften des Berufsrechts der Wirtschaftsprüfer zwischen allgemeinen Berufspflichten für alle Arten von Tätigkeiten (§§ 1 bis 19 BS WP/vBP) und den besondere Berufspflichten bei der Durchführung von Prüfungen und der Erstattung von Gutachten (§§ 20 ff BS WP/vBP). Insgesamt wird das Unabhängigkeits-/Unbefangenheitsgebot explizit in den folgenden Vorschriften angesprochen:
Im Hinblick auf die allgemeinen Berufspflichten und die Anforderungen an die Person des Wirtschaftsprüfers bzw. vereidigte Buchprüfer nennt die BS WP/vBP u. a. folgende konkretisierenden Aspekte, bei deren Vorliegen eine Prüfung der Besorgnis der Befangenheit erforderlich ist:
In § 319 Abs. 2 und 3 HGB und §§ 20ff BS WP/vBP werden beispielhafte Tatbestände, die eine Besorgnis der Befangenheit bei der Durchführung von Abschlussprüfungen darstellen können, näher ausgeführt.
Sofern ein Verstoß gegen §§ 319 Abs. 2 – Abs. 4 HGB besteht, wird der geprüfte Abschluss allerdings nicht nichtig (§ 246 Abs. 1 Nr. 3 AktG). Der in der Person des Abschlussprüfers bestehende Mangel hat insoweit keine Auswirkung auf den geprüften Abschluss. Allerdings wird der Abschlussprüfungsauftrag schuldrechtlich nichtig (§ 134 BGB). Der Abschlussprüfer verliert daher seinen Vergütungsanspruch und handelt ordnungswidrig nach § 334 Abs. 2 HGB.
Zudem dürfte regelmäßig eine Berufspflichtverletzung vorliegen, die gem. §§ 67 ff. WPO berufsgerichtlich verfolgt wird.