Dipl.-Oec. Andrea Bruckner, Dr. Niklas Homfeldt
Tz. 172
Nach § 320 Abs. 4 HGB hat der bisherige Abschlussprüfer dem neuen Abschlussprüfer auf schriftliche Anfrage über das Ergebnis der bisherigen Prüfung zu berichten. Dies gilt sowohl bei einem vorzeitigen Prüferwechsel im Sinne des § 318 Abs. 3 HGB (Abberufung durch ein Gericht) oder § 318 Abs. 6 HGB (Kündigung) sowie beim regulären Prüferwechsel. Hierdurch erhält der neue Abschlussprüfer einen direkten Anspruch z. B. auf Aushändigung des Prüfungsberichtes gegen den bisherigen Abschlussprüfer. Dieses Informationsrecht umfasst kein Recht zur Einsichtnahme in die Arbeitspapiere des bisherigen Abschlussprüfers oder gar deren Überlassung. Im entsprechenden Umfang ist der bisherige Abschlussprüfer somit von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit. Besteht für den bisherigen Abschlussprüfer die Gefahr, dass er sich durch diese Berichterstattung selbst belastet, darf er diese nach allgemeinen Grundsätzen verweigern.
Tz. 173
Die Berichterstattung an den neuen Abschlussprüfer hat in schriftlicher Form unter Beachtung des § 321 HGB zu erfolgen. Zwangsläufig beschränkt sich der Inhalt der Berichterstattung auf die bis zur Beendigung der Prüfungstätigkeit durch den bisherigen Abschlussprüfer erlangten Erkenntnisse. Grundsätzlich sind insbesondere folgende Fälle denkbar:
- Bei Wegfall des bisherigen Abschlussprüfers nach § 318 Abs. 4 Satz 2 HGB wurden ggf. noch gar keine Prüfungstätigkeiten durchgeführt. In diesem Fall entfällt die Berichtspflicht.
- Bei Begründung der Befangenheit im Laufe des Prüfungsgeschehens gem. § 318 Abs. 3 Satz 3 HGB ist ein Bericht über bislang geleistete Prüfungstätigkeiten sinnvoll, jedoch nicht zwingend.
- Im Falle eines regulären Wechsels des Abschlussprüfers kann sich die Berichtspflicht ausschließlich auf die Vorjahresprüfung beziehen. Insoweit kann der vorliegende Prüfungsbericht zur Prüfung des Vorjahresabschlusses zur Erfüllung der Berichterstattungspflicht verwendet werden.
- Eine Berichtspflicht über die bislang geleisteten Prüfungstätigkeiten und Prüfungsergebnisse besteht von Gesetzes wegen bei Kündigung des Prüfungsauftrags gem. § 318 Abs. 6 HGB aus wichtigem Grund. Dabei geht die Berichtspflicht gegenüber dem neuen Abschlussprüfer nicht weiter als die Berichtspflicht gegenüber den gesetzlichen Organen gem. § 318 Abs. 6 Satz 4 HGB. Allerdings ist der bisherige Abschlussprüfer gem. § 26 Abs. 3 BS WP/vBP verpflichtet dem neuen Abschlussprüfer auf Verlangen die Berichterstattung zu erläutern.
Tz. 174
Für den bisherigen Abschlussprüfer besteht keine Verpflichtung, dem neuen Abschlussprüfer Einsicht in seine Arbeitspapiere zu gewähren oder ihm diese zu überlassen. Die Arbeitspapiere unterliegen grundsätzlich nicht der Vorlagepflicht. Zwar ist eine freiwillige Einsichtsgewährung möglich, diese erfordert jedoch, dass die Gesellschaft den bisherigen Abschlussprüfer von seiner Verschwiegenheitspflicht entbindet. Im Regelfall wird der bisherige Abschlussprüfer die Einsicht in seine Arbeitspapiere nur gestatten, sofern seine Verantwortung aus der Einsichtsgewährung durch entsprechende Vereinbarungen limitiert wird.
Tz. 175
Aufgrund der Einführung der externen Rotation sind zusätzliche Bestimmungen zur "Übergabeakte" gem. Art.18 EU-VO zukünftig bei Abschlussprüfungen von Unternehmen von öffentlichem Interesse zu beachten. Art.18 EU-VO entspricht weitgehend den Bestimmungen des § 320 Abs. 4 HGB, weshalb i. R. des AReG keine Anpassung des § 320 Abs. 4 HGB diesbezüglich erfolgt.
Tz. 176
Durch einen neuen Absatz 5 in § 320 HGB i. d. F. d. AReG wird der Informationsaustausch zwischen dem Abschlussprüfer eines Tochterunternehmens und dem Konzernabschlussprüfer eines Drittlandunternehmens geregelt.
Es handelt sich bei dieser Regelung um eine Befugnis, aber keine Verpflichtung des Abschlussprüfers der Tochtergesellschaft. Für die Übermittlung personenbezogener Daten gilt das Bundesdatenschutzgesetz. Die zur Übermittlung der "zur Verfügung gestellten Daten" beinhaltet nicht die Arbeitspapiere des Abschlussprüfers.