Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Tz. 99
Tatgegenstand der ersten beiden Tatvarianten ist der Prüfbericht (zum Inhalt vgl. § 321 HGB) zu einer Pflichtprüfung (vgl. Tz. 94), der vom Abschlussprüfer unterzeichnet und den gesetzlichen Vertretern bzw. dem Aufsichtsrat vorgelegt werden muss. Erfasst werden auch Teilprüfberichte und Nachtragsprüfberichte gem. § 316 Abs. 3 Satz 2 HGB.
Tz. 100
Die erste Tatvariante betrifft die ausdrückliche Täuschung im schriftlichen Prüfbericht. Die Berichterstattung ist unrichtig, wenn das vom Abschlussprüfer mitgeteilte Ergebnis von seinen tatsächlichen Prüfungsfeststellungen abweicht (zum Umfang der Prüfung vgl. § 317 HGB). Insoweit kommt ein subjektiv-individueller Maßstab zur Anwendung. Unerheblich ist nach ganz h. M., ob die Feststellungen des Prüfers objektiv zutreffend sind, was mit dem Schutzzweck der Norm (vgl. Tz. 91) begründet wird. Der Prüfer könne schließlich nur die Vollständigkeit und die Plausibilität der Abschlüsse beurteilen, die zutreffende Darstellung der Lage sei dagegen Sache des bilanzierenden Unternehmens. Der Begriff weicht insoweit von seiner Verwendung in § 331 HGB ab (vgl. Tz. 34, 59) und läuft u. a. auf eine Pönalisierung des sonst straflosen (untauglichen) Versuchs hinaus; die faktische Bestrafung solcher Fälle dürfte jedoch auf erhebliche Beweisschwierigkeiten stoßen. Unrichtig berichtet werden kann auch über Werturteile (Schlussfolgerungen, Wertungen, Prognosen), die keine Grundlage in den Prüfungsfeststellungen haben. Eine unrichtige Berichterstattung liegt ferner vor, wenn der Abschlussprüfer die von ihm bestätigten Tatsachen überhaupt nicht oder nur unzureichend geprüft hat, unabhängig davon, ob die Darstellung i.Erg. zufällig richtig ist. Das Vertrauen in den Prüfbericht beruht nämlich auch darauf, dass eine ordnungsgemäße Informationsgewinnung stattgefunden hat.
Tz. 101
Wie bei § 331 HGB (vgl. Tz. 36) ist eine Eingrenzung der Strafbarkeit unter Erheblichkeits- und Wesentlichkeitsaspekten vorzunehmen, auch wenn dies bei der ersten Tatbestandsvariante so nicht ausdrücklich geregelt ist. Der unrichtigen Angabe muss eine das Prüfungsergebnis beeinflussende Bedeutung zukommen und sie muss geeignet sein, das Entscheidungsverhalten der Adressaten des Prüfungsberichts zu beeinflussen.