Prof. Dr. Frank Peter Schuster
Tz. 77
Ein Verstoß gegen § 331 HGB wird beim Täter (vgl. Tz. 30, 46, 49, 53, 58, 64) mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Das Mindestmaß der Freiheitsstrafe beträgt einen Monat (§ 38 Abs. 2 StGB), wobei kurze Freiheitsstrafen unter sechs Monaten nur im Ausnahmefall verhängt werden dürfen (§ 47 Abs. 1 StGB). Die Geldstrafe wird in Tagessätzen (mindestens 5 und höchstens 360) verhängt, wobei die Höhe eines Tagessatzes (mindestens 1 EUR und höchstens 30.000 EUR) sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (insbes. Nettoeinkommen am Tag) des Täters richtet (§ 40 StGB). Hat sich der Täter durch die Tat bereichert oder zu bereichern versucht, so können Freiheitsstrafe und Geldstrafe auch nebeneinander verhängt werden, wenn dies unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist (§ 41 StGB); diese Vorschrift hat allerdings Ausnahmecharakter und kaum eine praktische Bedeutung (anders Bewährungsauflagen, vgl. Tz. 80).
Tz. 78
Beim Teilnehmer (Anstifter, Gehilfe) kommt § 28 Abs. 1 StGB zur Anwendung, die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 StGB zu mildern, d. h. im Falle der Anstiftung auf zwei Jahre und drei Monate bzw. im Falle der Beihilfe (wegen § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) zweifach auf ein Jahr und acht Monate (§ 39 StGB). Insoweit findet zwar der Umstand, dass die genannten Personen keine tauglichen Täter sind, doppelt Berücksichtigung, wenn Täterschaft allein aufgrund des Sonderdeliktcharakters ausscheidet. Dies ist jedoch hinzunehmen. § 50 StGB würde zwar vom Rechtsgedanken her greifen, nicht jedoch vom Wortlaut; er ist deshalb entgegen der h. M. unanwendbar (Art. 103 Abs. 2 GG).
Tz. 79
Bei der Strafzumessung (§ 46 StGB) wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab, insbes. die Beweggründe der Tat und die Ziele des Täters (persönliche Bereicherung, Verschleierung von Geldentnahmen oder uneigennützige Motive, Unternehmensrettung, Angst um den Arbeitsplatz, wirtschaftliche Not etc.), die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille (raffinierte Vorbereitung, besonders intensive Vertuschung), das Maß der Pflichtwidrigkeit (Ausmaß des Verstoßes), die Art der Ausführung (Initiator der Bilanzmanipulationen oder Handeln auf Anweisung der Konzernspitze) und die verschuldeten Auswirkungen der Tat (tatsächlicher Schaden bei Gesellschaft, Gläubigern, Kapitalgebern erschwerend, da keine Tatbestandsvoraussetzung), das Vorleben des Täters (insbes. Vorstrafen, wenn einschlägig erheblich erschwerend), seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat (Geständnis, Berichtigung, Aufklärungshilfe etc.), auch sein Bemühen, einen ggf. entstandenen Schaden wiedergutzumachen (erheblich strafmildernd), sowie das Bemühen, einen Ausgleich mit etwaigen Verletzten zu erreichen. Die u. U. gravierenden persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Folgen, die von der Strafe und etwaigen Nebenfolgen (vgl. Tz. 81 f.) für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind ebenfalls zu beachten, auch die besondere Strafempfindlichkeit eines Ersttäters, eine krankheitsbedingt reduzierte Lebenserwartung etc. Eine vom Täter nicht verschuldete lange Zeitspanne zwischen Tat und Urteil (nicht nur bei Untersuchungshaft) ist ein gewichtiger Milderungsgrund (reduziertes Strafbedürfnis), ebenso eine besonders lange Verfahrensdauer. Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen gem. § 46 Abs. 3 StGB nicht nochmals berücksichtigt werden (Doppelverwertungsverbot).
Tz. 80
Regelstrafe dürfte bei einer bloßen Bilanzstraftat die Geldstrafe sein. Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden (in der Praxis ist dies bei Erstverurteilungen typischerweise der Fall); insofern gilt § 56 StGB (mit strenger werdenden Anforderungen bei zunehmender Strafhöhe). § 56b StGB regelt die Möglichkeit von zusätzlichen (Geld-)Auflagen bei Verhängung einer Bewährungsstrafe. Selten angewandt wird die bloße Verwarnung mit Strafvorbehalt gem. § 59 StGB. In den meisten Fällen wird dann vorrangig eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO mit (Geld-)Auflage (nur ausnahmsweise nach § 153 StPO) in Betracht kommen. Wesentlicher Vorteil der Einstellung für den Beschuldigten ist, dass keine Registereintragung erfolgt und die gravierende Nebenfolge der Inhabilität (vgl. Tz. 82) nicht eintritt. Geld- und Freiheitsstrafen sowie die Verwarnung mit Strafvorbehalt dagegen werden in das Bundeszentralregister eingetragen (§ 4 Nr. 1–3 BZRG), in das Führungszeugnis jedoch nur dann aufgenommen, sofern die Geldstrafe 90 Tagessätze, die Freiheitsstrafe drei Monate übersteigt oder bereits Voreintragungen vorhanden sind (§ 32 BZRG).