Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
Tz. 12
Kapital ist zum Stichtag zum Nennbetrag anzusetzen. Trotz Nettoausweises ergibt sich aus dem Zusammenhang mit § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB, dass auch bei nicht voller Einzahlung ein voller Ansatz notwendig ist. Der Nennbetragsziffer wird elementare Bedeutung für den Kapitalschutz zugebilligt, weil in dieser Höhe das Vermögen gegen Ausschüttung gesperrt ist. Das ist i. E. zutreffend, jedoch sollte mit Blick auf die Rückforderung von Leistungen in das Kapital vielmehr darauf geachtet werden, ob Rücklagen vorhanden sind. Das zeigt sich an der Rückzahlung der Einlage an den atypisch stillen Gesellschafter. Dieser hat kein Nennkapital aufgebracht und ist gleichwohl den Kautelen des Kapitalschutzes unterworfen. Die Höhe des gezeichneten Kapitals ergibt sich aus dem Handelsregister. Der Nennbetrag ist anders als Rücklagen eine starre Ziffer. Deckt das Aktivvermögen das Passivvermögen nicht mehr, handelt es sich um eine Unterbilanz, wenn das Passivvermögen ohne die Nennbetragsziffer noch gedeckt ist. Ist auch das Passivvermögen ohne Nennbetragsziffer nicht mehr gedeckt, handelt es sich um eine (bilanzielle) Überschuldung. Die Unterbilanz wird dadurch ausgedrückt, dass zusätzliche negative Posten gebildet werden, die den Verbrauch des Eigenkapitals anzeigen. Ein über den Verbrauch des Eigenkapitals hinausgehender negativer Betrag wird durch Aktivierung eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags ausgeglichen (§ 268 Abs. 3 HGB).
Tz. 13
Eine Änderung des gezeichneten Kapitals nach dem Bilanzstichtag führt zu Problemen, wenn vor dem Bilanzstichtag eine Kapitalerhöhung beschlossen und die Einlage geleistet war, jedoch noch nichts im Handelsregister eingetragen worden ist. War auch nach Aufstellung des Jahresabschlusses noch nichts im Handelsregister eingetragen, ist man sich einig, dass ein Sonderposten direkt nach dem Eigenkapital mit der Bezeichnung "Zur Durchführung der beschlossenen Kapitalerhöhung geleisteten Einlagen" ausgewiesen werden muss. Der Kapitalerhöhungsbeschluss kann noch zurückgenommen werden und die Einleger bekommen in der Insolvenz Gläubigerrechte. Für den Jahresabschluss zwischen Gründung und Eintragung der Gesellschaft will eine Ansicht ebenfalls auf dieses Prinzip zurückgreifen und die Einlage nach den Rücklagen ausweisen, während die Gegenauffassung dafür mit Recht keine Notwendigkeit sieht und die geleisteten Einlagen bereits als solche ausweisen will. Sehr umstritten ist, ob dieser gesonderte Ausweis bei der Kapitalerhöhung auch dann noch nötig ist, wenn bei der Aufstellung des Jahresabschlusses alles eingetragen worden ist. Eine Ansicht beharrt auf der zum Stichtag bestehenden Schuld, fordert den Ausweis unter benanntem Posten und will die Eintragung allenfalls durch Bericht im Anhang kundgeben. Sie greift dazu auf ein striktes Stichtagsverständnis zurück. Die Gegenansicht akzeptiert einen Posten hinter dem gezeichneten Kapital mit Vermerk des Eintragungsdatums in das Handelsregister unter Bezugnahme auf das Prinzip der Wertaufhellung.