Dr. Falk Mylich, Prof. Dr. Christian Fink
Tz. 62
Nach h. M. kann der Gesellschafter entscheiden, ob seine Leistung in das Kapital oder als Ertrag gebucht werden soll. Ein freiwilliger Verlustausgleich, ein Sanierungszuschuss oder ein Forderungsverzicht sind typische Fälle. Im Zweifel soll aber eine Kapitalrücklage gewollt sein. Diese Sichtweise wird insbesondere von Hüttemann/Meyer und Schulze-Osterloh mit ganz unterschiedlichen Sichtweisen und Ergebnissen abgelehnt. Hüttemann/Meyer sprechen dem Gesellschafter die Entscheidungsbefugnis zum bilanziellen Ausweis ab und orientieren sich daran, was tatsächlich gewollt war. Wenn Zahlungen objektiv einen Verlustausgleich bezwecken, soll es sich um verlorene Zuschüsse handeln, die zwingend ergebniswirksam zu buchen sind. Fehlt es am verlorenen Zuschuss, liegt auf jeden Fall eine Leistung in das Kapital vor. Schulze-Osterloh spricht ebenfalls dem Gesellschafter das Recht ab, über den bilanziellen Ausweis seines Engagements zu entscheiden, plädiert jedoch in jedem Fall für eine Leistung in das Kapital. Die überzeugende Begründung lautet, dass andernfalls das Bilanzbild durch falsche Informationen verzerrt würde. Vielmehr muss der Bilanzleser erkennen können, dass der Zustand der Gesellschaft weniger auf Gewinn als vielmehr auf zusätzlichen Einlagen beruht. Diese Lösung ist auch deshalb richtig, weil bei ertragswirksamer Vereinnahmung bei der Gesellschaft beim Gesellschafter ein Aufwand gebucht werden müsste, was wiederum seine Gesellschafter benachteiligt. Sieht man eine Buchung als Einlage als zwingend an, muss eine Leistung beim Gesellschafter zu nachträglichen Anschaffungskosten führen; ggf. ist korrespondierend der Gesellschaftsanteil abzuschreiben. Daher ist auch der Sichtweise von Hüttemann/Meyer zu widersprechen, weil Leistungen in das Kapital stets verloren sind und die vorgenommene Differenzierung zweifelhaft ist.
Tz. 63
Auch wenn durch Leistung in das Kapital und anschließender Auflösung der Kapitalrücklage und Verrechnung mit einem Jahresfehlbetrag wirtschaftlich das gleiche Ergebnis herauskommt wie bei einer sofort ertragswirksamen Verrechnung, sind gleichwohl drei Besonderheiten mit teilweise gravierenden materiellrechtlichen Folgen zu berücksichtigen. Im Aktienrecht führt die vorgeschlagene Sichtweise zwingend zu einem gesonderten Ausweis im Anhang gem. § 152 Abs. 2 AktG, weil sowohl der eingelegte als auch der entnommene Betrag dargestellt werden muss. Stellt sich am Jahresende (überraschend) doch kein Jahresfehlbetrag (oder ein geringerer Jahresfehlbetrag) heraus, führt die Verbuchung in der Kapitalrücklage zur fehlenden Auflösungsmöglichkeit (§ 150 Abs. 4 Nr. 1 AktG). Letztlich führt die h. M. mit ihrer ertragswirksamen Verbuchung möglicherweise zu einem Jahresgewinn, der ausgeschüttet werden kann; bei Befolgung der vorliegenden Sichtweise gelingt das ggf. nur durch die Auflösung von Rücklagen. Die Ausschüttung eines Jahresgewinns unterfällt bei einer späteren Insolvenz nicht der Anfechtung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, während ein auf aufgelösten Rücklagen beruhender Jahresgewinn anfechtbar ist. Ungeklärt ist die Situation im Vertragskonzern. Hier liegt es nahe, ausnahmsweise unterjährige Zuwendungen als vorweggenommenen Verlustausgleich einzuordnen, um die Probleme um einen zum Verlustausgleich ungeeigneten Zuschuss in das Kapital zu vermeiden.