Ad-hoc-Mitteilungen in Zeiten der Coronakrise
Börsennotierte Unternehmen müssen die Publikationspflichten nach der Marktmissbrauchsverordnung beachten. Um Insiderhandel auf dem Kapitalmarkt (seit 2016 gelten die Regelungen auch für Wertpapiere im Freiverkehr, sog. Open Market) zu verhindern, sind Unternehmen verpflichtet, Insiderinformationen so schnell wie möglich zu veröffentlichen. Bei Verstößen gegen diese Publikationspflichten drohen hohe Bußgelder.
Coronakrise macht Ad-hoc-Mitteilungen für viele Unternehmen notwendig
Aufgrund der aktuellen Coronakrise stehen viele Unternehmen nun vor dem Problem, dass ihre ursprünglichen Prognosen nicht eintreffen. Die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) hat bekannt gegeben, wie Unternehmen mit ihren Ad-hoc-Pflichten bei diesen besonderen Umständen umgehen sollten.
Hinweis: Ad-hoc-Pflichten müssen durchgehend beachtet werden. Verschiedene Entwicklungen können kursrelevante Informationen sein, so beispielsweise auch die Anordnung von Kurzarbeit.
Umgang mit Insiderinformationen während der Coronakrise
In vielen Unternehmen werden die Auswirkungen aufgrund der Coronakrise noch analysiert. Die Gewinn- und Umsatzerwartungen werden voraussichtlich in zahlreichen Branchen verfehlt. Doch wann ist das eine kursrelevante Insiderinformation? Diese Frage beschäftigt derzeit Vorstände und CFOs. Die BaFin meint hierzu: „Soweit das Corona-Virus bestimmbare Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des jeweiligen Emittenten hat mit der Folge, dass die Geschäftszahlen deutlich von ihrer relevanten Benchmark abweichen, so können diese für den Emittenten eine Insiderinformation darstellen und ad-hoc-pflichtig sein.“
Gerade die Beurteilung, wann die Geschäftszahlen „deutlich“ abweichen, ist jedoch nicht einfach. Im Zweifel sollte besser eine Ad-hoc-Mitteilung erfolgen. Deshalb entscheiden sich viele Firmen gerade dazu, ihre Prognosen für 2020 zurückzunehmen. Doch eine neue Prognose kann häufig noch gar nicht abgegeben werden.
Rücknahme bisheriger Prognosen ohne Abgabe einer neuen Prognose möglich
Die BaFin stellt klar, dass an der alten Prognose festgehalten werden kann, wenn die Auswirkungen der Pandemie noch nicht vorhersehbar sein sollten. Eine Prognoseänderung ist erst dann zu veröffentlichen, wenn sie hinreichend wahrscheinlich ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass Vorstände und Finanzchefs derzeit nichts tun müssen. Denn die Prognoseänderung ist nicht erst dann hinreichend wahrscheinlich, wenn Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bereits vollständig bestimmbar sind. Es liegt also bereits dann eine Insiderinformation vor, wenn klar ist, dass die Prognose verfehlt wird – ohne dass bereits konkrete neue Zahlen vorliegen. Die BaFin hat nun klargestellt, dass in diesem Fall ausnahmsweise das Unternehmen mit einer Ad-hoc-Mitteilung die bisherige Prognose zurücknehmen kann, auch wenn noch keine neue Prognose abgegeben werden kann. So kann etwa die Ergebnisprognose für 2020 aufgehoben und bereits angekündigt werden, eine neue Prognose kommunizieren zu wollen, sobald eine Stabilisierung der Entwicklungen in den wichtigsten Volkswirtschaften absehbar ist und eine verlässlichere Basis für eine detaillierte Ergebnisprognose gegeben ist. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt eine konkrete Prognose formuliert werden kann, ist diese in der Regel ebenfalls unverzüglich per Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen. Es ist deshalb für 2020 damit zu rechnen, dass zahlreiche Ad-hoc-Mitteilungen veröffentlicht werden.
Ad-hoc-Mitteilungen: Folgen für den Aktienkurs
Interessant wird die Reaktion des Kapitalmarktes sein. Eine Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hat die veröffentlichten Prognosekorrekturen im Jahr 2019 untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass bei negativen Prognosekorrekturen der Kurs am Tag der Mitteilung im Schnitt um 7 % sank, während bei einer positiven Prognosekorrektur am Tag der Meldung der Kurs um 4 % anstieg. Für börsennotierte Unternehmen wird es deshalb besonders interessant sein, wie eine neu veröffentlichte Prognose sich auf den derzeit sowieso sehr volatilen Aktienkurs auswirken wird.
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