BFH-Kommentierung: Vorsteuerabzug bei Anlagebetrug

Der BFH hat entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung dem Erwerber eines (später nicht gelieferten) Blockheizkraftwerks nicht zu versagen ist, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher erschien.

Praxis-Hinweis: Betrügerische Absicht nicht bekannt - Vorsteuerabzug möglich

Die Entscheidung (BFH Urteil vom 05.12.2018 - XI R 44/14) stellt eine konsequente Umsetzung einer Entscheidung des EuGH dar. Nach dem Urteil vom 31.05.2018 (C-660/16 sowie auch in der entsprechenden Rechtssache C-661/16) konnte der BFH gar nicht anders entscheiden. Entsprechende Urteile ergingen in zwei Parallelverfahren (XI R 8/14 und XI R 10/16).

Zur Einkommensteuer hatte der BFH bereits hinsichtlich des die Verkäuferin betreffenden Anlagebetrugs mit Blockheizkraftwerken im sog. Verwaltungsvertragsmodell mit Urteil vom 07.02.2018 (X R 10/16) entschieden, dass der Verlust des Kapitals bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sein kann. Erforderlich ist hierfür, dass alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als ihm bekannt angesehen werden konnten und anhand objektiver Umstände nicht erwiesen ist, dass er zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.

Nunmehr billigte der BFH dem Kläger auch den Vorsteuerabzug zu. Dies insbesondere deswegen, da er zum Zeitpunkt der Leistung nichts von der betrügerischen Absicht der Verkäuferin wissen konnte. Die allgemeinen Anforderungen für den Vorsteuerabzug waren hierbei offensichtlich gegeben, insbesondere lag eine Rechnung vor, die den Anforderungen des UStG genügte. Zentrale Bedeutung kam deshalb der Frage zu, ob er von der betrügerischen Absicht der Verkäuferin hätte wissen müssen bzw. dass die Leistung unsicher war. Dies alles verneinte der BFH zutreffend.

Zu beachten ist aber, dass dies immer eine Frage des jeweiligen Einzelfalles ist, so dass eine Versagung des Vorsteuerabzugs durch die Finanzverwaltung stets auf diese Weise begründet werden kann. Insofern ist eine allgemeine Entwarnung nicht angezeigt. Allein aus der Tatsache, dass die Steuer durch die Verkäuferin unberechtigt (weil in betrügerischer Absicht) ausgewiesen wurde, kann allerdings keine Versagung des Vorsteuerabzugs gestützt werden. Insofern besteht eine Erleichterung für betroffene Steuerpflichtige.

Kaufpreis im Voraus gezahlt

Der Kläger hatte für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks den Kaufpreis an eine Verkäuferin (eine GmbH) im Voraus gezahlt. Zur vereinbarten Lieferung, Verpachtung und zum Betrieb des Blockheizkraftwerks kam es aber wie auch in zahlreichen anderen Fällen nicht. Die Verantwortlichen der Verkäuferin hatten hierbei tatsächlich niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches „Schneeballsystem“ aufgebaut und wurden hierfür später strafrechtlich auch verurteilt. Die von der Verkäuferin vermeintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlungen zzgl. Umsatzsteuer erfasste der Kläger und führte die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Kurze Zeit später wurde die Verkäuferin insolvent. Das Finanzamt ließ den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der geleisteten Kaufpreiszahlung nicht zu. Das Finanzgericht gab der Klage hingegen statt. Der BFH legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor.

BFH erlaubt Vorsteuerabzug

Nach dem Ergehen des EuGH-Urteils „Kollroß“ vom 31.05.2018 (C-660/16) wies der BFH nunmehr die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Dem Kläger steht nach Ansicht des BFH als Unternehmer der streitige Vorsteuerabzug zu:

  • Zum Zeitpunkt seiner Zahlung erschien die versprochene Lieferung als sicher, weil alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung als dem Kläger bekannt angesehen werden konnten, und
  • er zu diesem Zeitpunkt weder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Bewirkung dieser Lieferung unsicher war.

Schließlich hat der Kläger den Vorsteuerabzug auch nicht (nachträglich) zu berichtigen, da die Verkäuferin den von ihm geleisteten Kaufpreis nicht zurückgezahlt hat. Die Vorsteuerberichtigung ist offenkundig unangemessen und daher ausgeschlossen, wenn ein Erwerber nach einer Berichtigung von der Steuerbehörde die Erstattung der auf eine derartige Berichtigung entfallenden Steuer beanspruchen könnte.


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