Schönheitsoperation nicht steuerlich absetzbar
Zu den außergewöhnlichen Belastungen, die Steuerzahler in ihrer Steuerklärung geltend machen können, gehören auch Krankheitskosten. Immer wieder umstritten ist in der Praxis aber, ob und wann das Finanzamt die Kosten für eine Schönheitsoperation als Krankheitskosten anerkennen muss.
In einem aktuellen Streitfall hatten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung 2011 Operationskosten von 4.600 Euro für eine Bruststraffung und Brustverkleinerung bei ihrer damals 20-jährigen Tochter als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Sie legten dazu ein Attest der Frauenärztin vor, mit dem die Tochter die Kostenübernahme bei ihrer Krankenkasse beantragt hatte. In dem Attest begründete die Ärztin die Notwendigkeit der Operation unter anderem damit, dass die deutliche Ungleichheit der Brüste zu einer gravierenden psychosomatischen Belastung mit Störungen des Körperbildes und des Selbstwertgefühls bei der Tochter geführt habe. Sie sei außerdem stark gehemmt mit depressiven Zügen.
Medizinischer Dienst: Befund hat keinen Krankheitswert
Die Krankenkasse hatte allerdings ein Gutachten des Medizinischen Dienstes eingeholt. Der kam zum Ergebnis, dass die Beeinträchtigungen keinen Krankheitswert besäßen, die eine Kostenübernahme rechtfertigten. Ein solcher Befund liege nur dann vor, wenn der Betroffene in seiner Körperfunktion beeinträchtigt werde oder an einer Abweichung vom Regelfall leide, die entstellend wirke. Derartige Auffälligkeiten, die entsprechende Reaktionen im Umfeld hervorrufen, seien in diesem Fall nicht gegeben.
Das beklagte Finanzamt lehnte daher eine Berücksichtigung der Operationskosten ab. Dagegen klagten die Eltern mit der Begründung, es habe sich nicht um eine Schönheitsoperation gehandelt. Denn ein Verzicht auf Eingriff hätte eine langfristige psychologische Behandlung mit nicht unerheblichen Kosten zur Folge gehabt. Ein Erfolg einer solchen Behandlung wäre zudem ungewiss gewesen.
Finanzgericht: Einschätzung des Gutachtens maßgeblich
Wie das Finanzamt orientierte sich das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil (5 K 1753/13) an der Einschätzung des Medizinischen Dienstes. Im Streitfall handle es lediglich um vorbeugende Aufwendungen, die auf einer freien Willensentscheidung beruhen. Sie müssten daher den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung zugerechnet werden. Nur bei einer Krankheit könnten die Behandlungskosten berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte müssen folgende Kriterien erfüllt werden:
- Betroffene müssen in ihren Körperfunktionen beeinträchtigt sein oder an einer Abweichung vom Regelfall leiden, die entstellend wirke.
- Eine entstellende Wirkung liegt dann vor, wenn es sich objektiv um eine Auffälligkeit handle, die Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit hervorrufen.
- Damit verbunden muss sein, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt einer besonderen Beachtung anderer wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzieht.
- Die körperliche Auffälligkeit muss außerdem so stark sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer führt.
Diese Grundsätze, so die Richter, seien auch steuerrechtlich maßgeblich. Deshalb könne dem Gutachten des Medizinischen Dienstes gefolgt werden, wonach keine Beschwerden mit Krankheitscharakter vorliegen. Aus diesem Grund seien auch etwaige psychische Belastungen mit psychotherapeutisch zu lindern und rechtfertigten keine Operation. Dass eine psychotherapeutische Behandlung möglicherweise ähnlich hohe Kosten zur Folge habe, sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unerheblich.
Praxistipp
Das Urteil schließt die Anerkennung der Kosten einer Schönheitsoperation als außergewöhnliche Belastung grundsätzlich nicht aus, setzt aber mit dem Kriterienkatalog enge Grenzen. Betroffene sind daher gut beraten, im Vorfeld einer solchen Operation mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen zu klären, inwieweit die Kriterien tatsächlich erfüllt sind. In der Praxis wird die Anerkennung vermutlich eher die Ausnahme als die Regel sein.
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