Schneeballsysteme: Das Finanzamt kassiert immer mit
Allen Warnungen zum Trotz fallen arglose Anleger regelmäßig auf die gleiche Betrugsmasche herein: Dubiose Kapitalanlagefirmen bieten eine ausgefallene Geldanlage an, die überdurchschnittlich hohe Renditen verspricht. Solche Angebote locken immer wieder Kleinanleger an, die sich mit den niedrigen Zinsen bei Banken und Sparkassen nicht mehr begnügen wollen. Zunächst scheinen diese Anlageformen auch zu funktionieren. Denn die versprochenen hohen Ausschüttungen fließen tatsächlich auf die Konten der Anleger. Das animiert diese wiederum, zusätzlich Geld einzuzahlen, und lockt darüber hinaus neue Anleger an.
Was die Beteiligten jedoch nicht merken: Ihr Geld wird nie in irgendwelche lukrative Anlagen eingezahlt, sondern wandert zum großen Teil in die Taschen der Betrüger. Mit dem Rest finanzieren die Gauner die vermeintliche Ertrags- und Gewinnausschüttungen. Ein perfektes Schneeballsystem ist entstanden. Dauerhaft geht das aber nie gut. Denn sobald misstrauisch gewordene Anleger ihr Geld abziehen und die Zahl der Neuanleger zurückgeht, geraten die Betrüger in Zahlungsnöte. Deshalb versuchen sie zunächst, die Anleger zu überreden, auf die Ausschüttung der Erträge zu verzichten und stattdessen in neue Anteile wiederanzulegen. Aber auch das verhindert den endgültigen Zusammenbruch des Systems nicht. Dann sind die Betrüger mit einem Großteil des Geldes meist schon abgetaucht, und viele Anleger haben zum Teil erhebliche Summen verloren.
Doppelter Schaden für Anleger
Für die Betrogenen bleibt es aber nicht beim Verlust der Ersparnisse, sondern es kommt noch jede Menge Ärger mit dem Finanzamt zu. Denn den Fiskus interessiert es nicht, dass die Anleger einem betrügerischen System aufgesessen sind. Er behandelt die Ausschüttungen vielmehr so wie bei allen konventionellen Anlageformen als Kapitalerträge, die zu versteuern sind, unabhängig davon, ob sie ausbezahlt oder wieder angelegt und verloren wurden. Dagegen sind Betroffene gerichtlich vorgegangen, aber der Bundesfinanzhof hat schon in einem Urteil aus dem Jahr 2010 (BFH, Urteil v. 16.3.2010, VIII R 4/07) die Vorgehensweise der Finanzämter bestätigt.
Bei dieser Linie blieb der BFH auch dem aktuellen Streitfall. Der Kläger hatte bei dem Betreiber eines Schneeballsystems eine Beteiligung an einer angeblich hochverzinslichen Kapitalanlage erworben. Daraus erhielt er bis zum Zusammenbruch des Systems Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ, teilweise aber wieder anlegte.
Teilerfolg in erster Instanz
Zum Schaden kam hinzu, dass eine Steuerfahndungsprüfung das Finanzamt auf den Plan rief. Prompt flatterte dem Geschädigten ein Steuerbescheid ins Haus mit einer saftigen Steuernachforderung auf die Ausschüttungen. In der ersten Instanz vor dem Finanzgericht verzeichnete der Anleger immerhin einen Teilerfolg. Denn die Richter folgten seiner Argumentation, dass die wiederangelegten Beträge nicht als Zufluss von Einkünften aus Kapitalvermögen behandelt werden könnten, da es sich bei dem Anlagebetrüger um keinen leistungswilligen und leistungsfähigen Schuldner gehandelt habe.
BFH bleibt bei seiner Linie
Dieses Urteil kassierte der BFH jedoch wieder ein (Urteil v. 11.2.2014, VIII R 25/12). Er verwies in seiner Begründung auf die Grundsätze, die er zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem Schneeballsystem entwickelt hatte. Danach sei auch in diesem Fall davon auszugehen, dass es sich bei den wieder angelegten Beträgen um einen Zufluss von Kapitalerträgen handle. Die BFH-Richter verwarfen auch das Argument des Finanzgericht, dass der Betrüger zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zahlungsunfähig und damit auch weder leistungswillig noch leistungsfähig gewesen.
Entscheidend sei die Sicht des Kapitalanlegers (Leistungsempfängers) zum Zeitpunkt, als er über die zugeflossenen Einnahmen verfügen konnte. Da der betrogene Anleger die in den Abrechnungen ausgewiesenen Beträge entweder abrufen oder wieder anlegen konnte, musste der Betrüger zum damaligen Zeitpunkt als leistungsbereit und leistungswillig gelten.
Praxistipp
Für viele Kleinanleger ist es natürlich bitter, wenn sie zusätzlich zum Verlust von eingesetzten Vermögen noch Steuern auf (vermeintliche) Kapitalerträge zahlen müssen. Aber in diesen Fällen hilft die Rechtsprechung nicht weiter. Der einzige Schutz vor solchen Schäden ist, dass sich Anleger mit hochverzinslichen Anlageangeboten kritisch auseinandersetzen und im Zweifel lieber einen großen Bogen um solche Offerten machen sollten. Denn wie bei jeder Geldanlage gilt auch hier: Je höher die Renditeaussichten, umso höher ist auch das Risiko des (Total-)Verlusts.
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