Verlustverrechnung bei Kapitaleinkünften
Praxis-Tipp: Unbedingt Günstigerprüfung beantragen
Aufgrund dieses Urteils (BFH vom 30.11.2016, VIII R 11/14, DStR 2017, S. 861) kann ein Steuerpflichtiger nun einen Antrag auf Günstigerprüfung stellen und negative Kapitaleinkünfte, die dem gesonderten Tarif (Abgeltungsteuer) unterliegen mit tariflich zu besteuernden positiven Kapitaleinkünften verrechnen, wenn dies zu einer niedrigeren Einkommensteuer führt.
Sachverhalt: Finanzamt und Finanzgericht verneinten den Verlustausgleich
Im Urteilsfall wurde ein Ehepaar im Jahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide beantragten in der Anlage KAP der Steuererklärung die
- Günstigerprüfung, sowie die
- Überprüfung des Steuereinbehalts für die Kapitalerträge.
Das Finanzamt stellte für die mit Abgeltungsteuer besteuerten Kapitaleinkünfte einen nicht ausgleichsfähigen Verlust in Höhe von 482 EUR fest. Dem gegenüber stand ein positiver Ertrag aus tariflich besteuerten Kapitaleinkünften in Höhe von 2.360 EUR. Eine Verlustverrechnung im Wege der Günstigerprüfung lehnte das Finanzamt ab. Das Finanzgericht schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab.
Das Revisionsverfahren und Teilerfolg
Im Revisionsverfahren beantragten die Eheleute neben der Verrechnung der tariflich besteuerten Einkünfte mit den negativen abgeltend besteuerten Kapitaleinkünften die Inanspruchnahme des vollen Sparer-Pauschbetrags (1.602 EUR) sowie die Anrechnung einer ausländischen Quellensteuer (130 EUR).
Der Senat gab den Eheleuten teilweise Recht und gewährte eine horizontale Verlustverrechnung. Diese Entscheidung ist entgegen der Verwaltungsauffassung, die bislang eine Verrechnung von Verlusten aus abgeltend besteuerten Kapitalvermögen mit positiven tariflich besteuerten Kapitalerträgen nicht zugelassen hat (BMF-Schreiben vom 18.1.2016, IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, Rz. 119a).
Keine grundsätzliche Verlustverrechnung
Die Antragstellung auf Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG stellt eine zwingende Voraussetzung dar. Eine allgemeine Berechtigung zur horizontalen Verlustverrechnung außerhalb der Antragsstellung hält der Senat für ausgeschlossen.
Mithilfe des Antrags werden die bislang abgeltend besteuerten Kapitaleinkünfte den Einkünften im Sinne des § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen. Dem Wortlaut des § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG ist zu entnehmen, dass es sich bei den hinzuzurechnenden Einkünften aus Kapitalvermögen nicht ausschließlich um positive Einkünfte handeln muss. Somit erfasst diese Regelung auch Negativbeiträge, die ebenfalls hinzugerechnet werden können.
Eingeschränkte Verlustverrechnung bei Kapitaleinkünften
Der Antrag auf Günstigerprüfung ermöglicht jedoch keine uneingeschränkte Hinzurechnung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen zu den übrigen Einkünften. Eine generelle (vertikale) Verlustverrechnung negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten im Wege der Günstigerprüfung ist gem. § 20 Abs. 6 Satz 2 a.F. (aktuell Satz 1) EStG ausgeschlossen. Auch die Antragstellung nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG kann dieses Verbot nicht durchbrechen.
Die Antragstellung ermöglicht nur einen vertikalen Verlustausgleich positiver Kapitaleinkünfte, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, mit negativen Einkünften aus den übrigen Einkunftsarten.
Kein Abzug des Sparer-Pauschbetrags für tariflich besteuerte Einkünfte
Für die tariflich besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen (2.360 EUR) kommt ein unmittelbarer Abzug des Sparer-Pauschbetrags nicht in Betracht. Der Senat teilt die Auffassung des Finanzgerichts Münster (Urteil v. 16.7.2014, 10 K 2637/11 E, EFG 2014, S. 1793, rechtskräftig nach Rücknahme der Revision im Verfahren VIII R 49/14).
Kein Abzug ausländischer Steuern
Da die ausländische Steuer auf abgeltend besteuerte Kapitaleinkünfte entfällt, die aufgrund der Verrechnung negativ sind (-482 EUR), kann sie nicht angerechnet werden.
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