Philippe Lorenz, Lisa Watermann
Zusammenfassung
Im Bereich der Nachhaltigkeit gibt es zahlreiche rechtliche Anforderungen für Unternehmen zu beachten. Dieses Kapitel gibt einen Überblick und ersten Einstieg über den rechtlichen Rahmen und zentrale Regularien.
1 Zielsetzung der EU Regulatorik
Mit der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens in 2015 sowie der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklungen reagierte die Weltgemeinschaft auf die anhaltenden Herausforderungen des Klimawandels und schlug im globalen Kontext einen neuen Weg zur Sicherung, Herstellung und Förderung eines nachhaltigen globalen Wirtschaftssystems ein.
Auf europäischer Ebene verabschiedete die EU-Kommission im Jahr 2018 den "EU Action Plan on Sustainable Finance". Dieser umfasst verschiedene Maßnahmen insbesondere zur Regulierung und Förderung von Nachhaltigkeitsaspekten im Bereich der Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen und betrifft zunehmend (unmittelbar und mittelbar) auch die Realwirtschaft. Unter dem Begriff Sustainable Finance wird die Einbeziehung von Erwägungen aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance im Rahmen von Investitionsentscheidungen verstanden. Die EU verfolgt mit der Regulatorik unter anderem nachfolgende Zielsetzungen:
EU Action Plan on Sustainable Finance
Im Jahre 2019 verabschiedete die EU-Kommission zudem den European Green Deal und auf dessen Basis das Fit for 55-Paket. Diese sehen vor, die Netto-Emissionen in der Europäischen Union bis zum Jahre 2050 auf null zu reduzieren und Europa damit zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Zusätzlich zum Klimaziel für 2050 soll zudem bereits im Jahre 2030 der Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 55 % im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert werden.
Die umfassenden Maßnahmenpakete werden perspektivisch zu tiefen Einschnitten und Veränderungen des europäischen Wirtschaftssystems führen und in ihren Auswirkungen auch kleine und mittlere Unternehmen (sog. KMUs) betreffen. Dies ist entweder dadurch bedingt, dass KMUs selbst unmittelbar gesetzlichen (Neu-)Verpflichtungen unterliegen oder aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes der EU-Gesetzgebung mittelbar-faktisch von Maßnahmen miterfasst werden dürften. Die neue Regulatorik wird sich unabhängig vom jeweiligen Geschäftsmodell auf eine Vielzahl von Geschäftsbereichen auswirken, insbesondere das Risikomanagement, das Controlling und die Compliance-Abteilung.
Nachfolgend wird vor diesem Hintergrund eine übersichtliche und anwendungsorientierte Übersicht bzw. Anleitung für KMUs in Bezug auf die zu erwartenden rechtlichen Veränderungen und damit verbundener praktischer Implikationen gegeben. Dies beinhaltet insbesondere die Abgabe konkreter Handlungsempfehlungen.
2 Big Picture: Thematisches Gesamtbild
Weitere:
- Level 3-Leitlinien der ESAs/EFRAG
- Empfehlungen der EU-Plattform für Sustainable Finance (u. a. Bericht zu sozialen Taxonomie-VO oder sozialen Mindeststandards)
- Paris-Aligned and Climate Transition Benchmarks (PAB und CTB)
- EU Green Bond Standard (ab 21.12.2024)
- EU Ecolabel for Financial Products (laufendes Vorhaben)
- u.v.m.
3 ESG-Anforderungen: Rechtlicher Rahmen und zentrale Gesetze
3.1 Übersicht über den rechtlichen Rahmen und zentrale Gesetze
Sinnvoll ist es, dass sich Unternehmen einen Überblick verschaffen, welche Gesetze für sie wirksam sind bzw. wirksam werden und deren Inhalte kennen. Die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen sind sorgfältig zu prüfen und umzusetzen sowie im Unternehmen sicherzustellen, wer dafür die Verantwortung übernimmt.
Arbeitshilfe "Nachhaltigkeits-Regulatorik: Übersicht über den rechtlichen Rahmen und zentrale Gesetze"
Die Übersicht hilft sich einen Überblick zu verschaffen, welche Gesetze für Ihr Unternehmen wirksam sind bzw. wirksam werden und über deren Inhalte. Die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen sind sorgfältig zu prüfen und umzusetzen sowie im Unternehmen sicherzustellen, wer dafür die Verantwortung übernimmt. Die Spalten "Auswirkungen auf mein Unternehmen" und "Unternehmensverantwortung" sind gedacht, um die eigenen Angaben zu ergänzen.
Zur Arbeitshilfe.
Die im Template dargestellten rechtlichen Vorgaben zeigen nur einen Ausschnitt der regulatorischen Anforderungen, die im Folgenden in Teilen detaillierter dargestellt sind.
3.2 Taxonomie-VO
Betroffenheit
- Mit der "Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen" ("Taxonomie-VO") hat der EU-Gesetzgeber einheitliche Kriterien zur Feststellung, ob eine wirtschaftliche Aktivität als ökologisch nachhaltig eingestuft werden kann, geschaffen. Das Klassifizierungssystem verfolgt damit das Ziel, den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Wirtschaftstätigkeit mit allgemeinverbindlichen und für sämtliche Marktteilnehmer geltenden Maßstäben ermitteln zu können. Die Bestimmungen sollen dazu beitragen, dass das Finanzwesen zum nachhaltigen Umbau der Realwirtschaft beiträgt und ist integraler Bestandteil der übergeordneten Zielsetzung, Investitionen in nachhaltige Tätigkeiten zu lenken.
- Die Taxonomie-VO ist daneben auch deshalb von besonderer Relevanz, da sie eine wichtige Schnittstelle zu den neuen Bestimmungen der EU zur (CSRD-)Nachhaltigkeitsberichterstattung enthält. Unternehmen, die in den nächsten Jahren ...