Liegt keine Einwilligung vor, gilt auch im Mietverhältnis nichts anderes als im Nachbarrecht: Es hat eine strenge und ausführliche Abwägung im Einzelfall zu erfolgen. Eine Videoaufzeichnung ist nur dann zulässig, wenn das Überwachungsinteresse des Observierenden den Schutz der Privatsphäre des Überwachten überwiegt. Dient eine Kamera nur der Vorbeugung, um mögliche Straftaten in der Zukunft aufklären und verhindern zu können, ist eine Überwachung unzulässig.
Kein vorbeugender Schutz durch Installation einer Kamera
Kommt es in einer größeren Wohnanlage mit mehreren Wohnhäusern immer wieder zu Sachbeschädigungen, Vandalismus und Verunreinigungen, ist der Vermieter nicht berechtigt, im Fahrstuhl eines Gebäudes, das von den Sachbeschädigungen bisher nicht betroffen war, eine Kamera zu installieren. Eine vorbeugende Überwachung ist unzulässig.
Überwachung des Hauseingangsbereichs
Das AG München hat geurteilt, dass die Überwachung des Hauseingangs (außen und/oder innen) eines Wohngebäudes durch eine Kamera – unabhängig davon, ob eine Speicherung der Bilder erfolgt – einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht der Mieter darstellt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Freiheit von unerwünschter Kontrolle und Überwachung durch Dritte. Dies beinhaltet für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung zu verlassen und zu betreten, ohne dass der Vermieter dies jederzeit überwachen und die An- bzw. Abwesenheit des Mieters feststellen kann. Es beinhaltet auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen. Eine Videoüberwachung und damit ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Mieter kann aber dann gerechtfertigt sein, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung nicht anderweitig zu verhindern ist. Das ist z. B. bei Angriffen auf eine Person oder deren unmittelbare Wohnsphäre der Fall.
Videoüberwachung im Aufzug
Aufgrund von Vandalismusschäden wurde eine Aufzugsanlage videoüberwacht. Nachdem auch eine Schließanlage nebst Gegensprechanlage mit Videobild eingebaut wurde, klagte ein Mieter erfolgreich gegen die Videoüberwachung im Aufzug. Er konnte die Entfernung der Videoanlage verlangen, weil nach Einbau der funktionstüchtigen Schließanlage die Gefahr von Eigentumsverletzungen gemindert war.
Eine ähnliche Auffassung vertrat das KG Berlin in einem Fall: Hier ging es nur um eine Überwachungskamera, die im Aufzug eines Miethauses eingebaut werden sollte, nachdem im Lift Schmierereien gefunden wurden. Auch wenn es zu Vandalismus gekommen ist, bekam der Eigentümer nicht das Recht, eine Kamera zu installieren. Der Mieter müsse dem Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte nicht zustimmen, urteilten die Richter (KG Berlin, Urteil v. 4.8.2008, 8 U 83/08).
Das gilt auch für Mieter untereinander
Ein Observierungsinteresse zeigen im Alltag nicht nur Vermieter, sondern auch Mieter. Auch für Mieter gilt: Eine Überwachung durch eine an der Wohnungstür angebrachte Videokamera auf einer von mehreren Parteien bewohnten Etage ist unzulässig. Gleiches gilt für den Terrassenbereich. Wegen des von einer Videokamera ausgehenden "Überwachungsdrucks" besteht im Verhältnis zwischen Mietern einer Wohnanlage ein Unterlassungsanspruch, wenn die Kamera den Terrassenbereich eines Mieters erfasst, ohne dass dies durch erhebliche Gründe im Einzelfall gerechtfertigt wäre.
Ausnahmsweise kann eine Videokamera aber angebracht werden, wenn es sich z. B. um einen geh- und sehbehinderten Mieter handelt und das von ihm angebrachte Videoüberwachungssystem nur den Bereich vor der Wohnungstür wiedergibt.
Keine Kameraattrappen
Die Installation einer Kameraattrappe im Hauseingangsbereich erweckt bei Mietern und Besuchern ebenfalls den Eindruck einer ständigen Überwachung und beeinträchtigt deshalb das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen.
Videoaufzeichnung als Beweismittel vor Gericht
Einem Urteil des AG Zerbst lag folgender Sachverhalt zugrunde: An ein und derselben Stelle im Keller eines Mietshauses war ständig Feuchtigkeit mit beißendem Uringestank vorhanden. Über Monate hinweg war es dem Vermieter nicht möglich zu ermitteln, wer hierfür verantwortlich war. Abhilfe sollte eine Videokamera schaffen. Der Vermieter installierte also an versteckter Stelle eine Überwachungskamera. Endlich konnte der Mieter aus dem zweiten Stock als Übeltäter ausgemacht werden. Er hatte mehrmals täglich den Keller als Lokus verwendet. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis außerordentlich fristlos. In der anschließenden Räumungsklage hatte der Mieter freilich alles abgestritten. Als einziges Beweismittel stand dem Vermieter die Videoaufzeichnung zur Verfügung.
Das Gericht hatte diese als Beweismittel zugelassen. Zwar wiegt in aller Regel das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht des Überwachten schwerer als eine derartige Verwertung – j...