Leitsatz (amtlich)
Die Befreiung des freiwilligen Austausches von Grundstücken zur besseren Gestaltung von Bauland setzt voraus, daß "Bauland" eine andere Gestalt erhält.
Normenkette
GrEStG 1940 § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b
Tatbestand
Die Klägerin, eine bayerische Gemeinde, hat im Jahr 1960 mit der Kirchengemeinde an den Gemeindefriedhof angrenzende Grundstücke getauscht. Die Kirchengemeinde wollte auf dem eingetauschten Grundstück eine Kirche bauen; das von ihr abgegebene Grundstück war dafür schlecht geeignet. Im Hinblick darauf hat das Landratsamt die Zweckdienlichkeit des Tausches zur besseren Gestaltung von Bauland bejaht. Der Kirchengemeinde gehört kein an das eingetauschte Grundstück angrenzendes Land. Die Klägerin behauptet, sie benötige das von ihr erworbene Grundstück zur Erweiterung des Friedhofs.
Das FA (Beklagter) hat die Klägerin wegen ihres Erwerbs zur Grunderwerbsteuer herangezogen. Einspruch und Berufung waren erfolglos.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG greift nicht ein. Allerdings hat das Landratsamt die Zweckdienlichkeit des Tausches bescheinigt. Diese Bescheinigung ist aber nur eines der Tatbestandserfordernisse des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG. Der Austausch muß ferner zur besseren Gestaltung von Bauland dienen. Davon mag zwar die konkrete Beurteilung, ob der Tausch der "besseren" Gestaltung von Bauland "dient", durch die Bescheinigung der dafür zuständigen Behörde für das Besteuerungsverfahren bindend beantwortet sein. Die Prüfung des abstrakten Merkmals, ob überhaupt eine Gestaltung von Bauland vorliegt, ist aber allein eine Frage steuerrechtlicher Prüfung (Urteil II 128/64 vom 25. März 1969, BFH 95, 464, BStBl II 1969, 440).
Bauland ist im vorliegenden Fall nicht gestaltet worden. Die getauschten Grundstücke sind die gleichen geblieben, wie sie vorher waren; sie haben nur den Eigentümer gewechselt. Bei keinem von ihnen hat "Bauland" dadurch eine andere Gestalt erhalten, daß ein Grundstück zu einem anderen Grundstück hinzuerworben wurde. Daß das von einem Tauschpartner - hier: der Kirchengemeinde - erworbene Grundstück für dessen subjektive Bauabsichten günstiger ist, genügt für sich allein nicht (Urteil II 128/64, a. a. O.), obschon auch die Pläne des Erwerbers - z. B. eine Großsiedlung zu errichten - für eine objektiv bessere Gestaltung des Baulandes ursächlich sein können (Urteil II 141/62, II 3/63 vom 16. Februar 1966, BFH 85, 199 [201], BStBl III 1966, 283). Doch setzt dies zunächst voraus, daß Bauland überhaupt gestaltet wird.
Auch eine Grenzverlegung im Sinn des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG liegt nicht vor. Die beiden Grundstücke hatten keine gemeinsame Grenze; eine solche konnte folglich auch nicht "verlegt" werden.
Art. 1 Abs. 1 Nr. 5 des Bayerischen Gesetzes über die grunderwerbsteuerliche Behandlung von Erwerbsvorgängen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes vom 26. Oktober 1962 (GVBl 280), damals noch nicht in der Fassung des § 3 Nr. 1 des Änderungsgesetzes vom 24. Juni 1969 (GVBl 153), ist ebenfalls nicht anwendbar. Zwar mag zutreffen, "das im Gemeinderat seit Jahren der Entschluß bestand, eine weitere Ausdehnung des Friedhofgeländes nach Osten und Südosten ... nicht vorzunehmen" und "eine Ausdehung des Friedhofgeländes nach Süden anzustreben". Daß in diesem Zusammenhang ein Umlegungsverfahren nach §§ 45 bis 79 des Bundesgesetzes oder an deren Stelle eine formlose Umlegung auch nur erwogen worden sei, hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die gesetzlichen Voraussetzungen einer solchen überhaupt gegeben gewesen wären. Der Erwerb der Klägerin kann also nicht bezweckt haben, eine Umlegung zu vermeiden.
Der Erwerb von Friedhofgelände ist erst seit dem Änderungsgesetz vom 24. Juni 1969 (GVBl 153) - § 1 Nr. 4 Buchst. h - befreit (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GrEStG 1969).
Fundstellen
Haufe-Index 69523 |
BStBl II 1971, 645 |
BFHE 1971, 415 |