1 Leitsatz

Die in § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG aufgeführten privilegierten Maßnahmen sind abschließend.

2 Normenkette

§§ 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Es geht um eine Zweiergemeinschaft aus K und B. Wohnungseigentümer K beabsichtigt, auf dem Dach eine Klimaanlage anzubringen. Er begehrt u. a. die Feststellung, dass dazu die Zustimmung des B entbehrlich sei, hilfsweise B zu deren Erteilung zu verurteilen. Das AG weist die Klage ab. Hiergegen richtet sich die Berufung.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Verfahren sei, auch soweit der Hilfsantrag als Beschlussersetzungsklage auszulegen sei, nach dem bisherigen Verfahrensrecht weiter zu führen. § 48 Abs. 5 WEG wolle ersichtlich alle Beschlussklagen erfassen (Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020, Rn. 1993 und Elzer in BeckOK WEG, 43. Ed. 1.1.2021, § 48 Rn. 20). Materiell gelte – mit Ausnahme von Anfechtungsklagen, bei denen es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ankomme – das neue Recht. Soweit K mit dem Hauptantrag sinngemäß verlange, ohne Mitwirkung des B eine Klimaanlage anbringen zu dürfen, könne dies bereits deshalb keinen Erfolg haben, weil nach neuem Recht gem. § 20 WEG jede bauliche Veränderung zwingend einer Beschlussfassung bedürfe (Hinweis u. a. auf Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 6 Rn. 46). Der Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. Bei der Klimaanlage handele es sich um keine privilegierte Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG. Diese Bestimmung sei auch nicht erweiterungsfähig. Somit verbleibe als Anspruchsgrundlage allenfalls § 20 Abs. 3 WEG. Der Einbau einer Split-Klimaanlage stelle indes eine benachteiligende bauliche Veränderung dar, auf die man keinen Anspruch habe.

Hinweis

  1. Die Entscheidung bejaht zum einen die wenigstens analoge Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG auf Beschlussersetzungsklagen. Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen.
  2. Anders ist es mit der Überlegung, § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG sei abschließend. Obwohl § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG so formuliert ist, ist er u. a. aus verfassungsrechtlichen, aber auch aus systematischen Gründen entsprechend anzuwenden auf Fälle, die § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG gleichstehen. Ein Wohnungseigentümer kann – ist nichts anderes vereinbart – daher entsprechend § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG einen Anspruch auf die feste Montierung einer Parabolantenne haben. Nach § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG a. F. gehörte ferner die Duldung aller Maßnahmen, die zur Herstellung einer Fernsprechteilnehmereinrichtung, einer Rundfunkempfangsanlage oder eines Energieversorgungsanschlusses zugunsten eines Wohnungseigentümers erforderlich sind, zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung. Die Erklärungen, die zur Vornahme der Maßnahmen erforderlich sind, waren vom Verwalter namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abzugeben. Nach den WEMoG-Materialien sollen diese Maßnahmen jetzt §§ 18, 19 WEG unterfallen. Diese Verortung trägt aber nicht. Denn die Maßnahmen, die § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG a. F. meinte, nämlich den Anschluss an ein Energieversorgungsnetz (Heizung, Gas, Wasser, Strom), den Anschluss an Medien (das Rundfunk- und Fernsprechnetz, auch Telefax), den Anschluss an einen Fernseh- und/oder Internetempfang bzw. sämtliche Anschlüsse für andere leitungsgebundene Medien, beinhalten jeweils denklogisch privilegierte bauliche Veränderungen. Aus diesem Grund ist § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG auf sie entsprechend anzuwenden. Im begründeten Einzelfall ist schließlich vorstellbar, dass ein Wohnungseigentümer entsprechend § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG einen Anspruch auf eine angemessene Anlage oder Einrichtung hat, die als Modernisierungsmaßnahme i. S. v. § 555b BGB anzusehen ist und die nach einer Abwägung den privilegierten baulichen Veränderungen gleichstehen muss. Für eine Klimaanlage gilt das alles allerdings nicht.

5 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 20.4.2021, 2-13 S 133/20

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