1 Leitsatz

Der Wunsch des Mieters, einen Teil des Wohnraums aus humanitären Gründen an Flüchtlinge unterzuvermieten, ist nicht geeignet, ein mieterbezogenes berechtigtes Interesse i. S. d. § 553 Abs. 1 BGB an der teilweisen Gebrauchsüberlassung der Mietsache zu begründen.

2 Normenkette

§ 553 Abs. 1, Abs. 3 BGB

3 Das Problem

Entsteht für den Mieter von Wohnraum nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, kann er vom Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder sonst dem Vermieter die Überlassung nicht zugemutet werden kann (§ 553 BGB).

Nach der Rechtsprechung des BGH kann z. B. die Absicht des Mieters, nach dem Auszug eines Mitmieters nicht allein leben zu wollen, ein solches Interesse begründen. Gleiches gilt, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten reduzieren möchte, weil nach Anmietung der Wohnung Personen, mit denen bisher die Mietkosten geteilt wurden, weggefallen sind. Dagegen rechtfertigt die Absicht, durch eine Untervermietung selbst Gewinn zu erzielen, nicht die Untervermietung gegen den Willen des Vermieters.

Zulässig kann eine Untervermietung auch dann sein, wenn ein Mieter vorübergehend berufsbedingt abwesend sein muss, in der Zwischenzeit aber die Wohnung nicht verlieren möchte, andererseits aber nicht in der Lage ist, die doppelte Miete zu bezahlen. Alle diese berechtigten Interessen betreffen Umstände des Mieters selbst, nicht Umstände von dritten Personen wie z. B. von Flüchtlingen. Der bloße Wunsch des Mieters zur Aufnahme eines Dritten ist nach der Rechtsprechung des BGH für einen Anspruch auf Untervermietung nicht ausreichend.

4 Die Entscheidung

In dem vom AG München entschiedenen Fall hat der Mieter im Münchener Vorort Gräfelfing ein 240 m2 großes Einfamilienhaus zu einer Nettomiete von monatlich 3.500 EUR gemietet und zusammen mit seinen beiden minderjährigen Kindern und einem Hund bezogen. Einige Monate später hat der Mieter mehrere Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und vom Vermieter die Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung verlangt. Dies hat der Vermieter abgelehnt. Daraufhin klagte der Mieter auf Erteilung der Erlaubnis. Das AG München hat die Klage des Mieters abgewiesen.

Zum einen handelt es sich bei den Flüchtlingen um keinen genehmigungsfreien Besuch. Besucher ist nach der Rechtsprechung nur, wer den Mieter aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen aufsucht und sich in dessen Wohnung für eine vorübergehende Zeit aufhält, ohne hierfür ein Entgelt zu entrichten. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Mieter hat die Flüchtlinge bei seiner Aufnahme nicht einmal gekannt. Ferner handelt es sich unstreitig auch nicht um Verwandte des Mieters. Aufgrund der monatelangen Dauer des Aufenthalts liegt allein schon deswegen kein Besuch mehr vor. Letztlich ist der Antrag des Mieters auch nicht auf eine befristete Gestattung gerichtet.

Zum anderen liegt kein berechtigtes Interesse des Mieters i. S. d. § 553 Abs. 1 BGB an der teilweisen Gebrauchsüberlassung der Mietsache vor. Maßgebliches Ziel des § 553 BGB ist es, dem Mieter die Wohnung als Lebensmittelpunkt zu erhalten, nachdem sich bei ihm bestimmte private Umstände nach Abschluss des Mietvertrags so geändert haben, dass der Erhalt der Wohnung gefährdet wäre. Vorliegend fehlt es sowohl an einer derartigen Änderung der persönlichen Umstände als auch an einer Änderung nach Abschluss des Mietvertrags. Auch vor der Anmietung des Hauses gab es in Deutschland bereits Flüchtlinge u. a. aus der Ukraine.

Die Vorschrift des § 553 Abs. 1 BGB wurde nicht geschaffen, damit der Mieter die Interessen anderer Personen wahrnehmen kann; vielmehr sollte der Vermieter danach ausnahmsweise eine Untervermietung des Mieters erlauben müssen, wenn sich nach Anmietung die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er die Wohnung aufgeben müsste, wenn ihm eine Untervermietung nicht gestattet wird. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Daher war die Klage abzuweisen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

5 Entscheidung

AG München, Urteil v. 20.12.2022, 411 C 10539/22

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge