Balkonkraftwerke sind brandaktuell. Oft werden sie aber für Vermieter zum Ärgernis – etwa wenn sich Mieter bei der Installation der Mini-Solaranlagen nicht an die Anforderungen halten. Ein neuer Rechtsstreit soll nun Klarheit bringen. Umweltlobbyisten hoffen auf ein Grundsatzurteil.
Ein Paar klagt derzeit vor dem AG Kiel gegen das Verbot der Anbringung einer Mini-Solaranlage – auch bekannt als Balkonkraftwerk oder Steckersolargerät – gegen Haus & Grund Kiel. Die Hausverwaltung habe u. a. ein Gutachten zur Statik des Balkons, ein Brandschutzgutachten und die Prüfung der Hauselektrik verlangt, berichteten die Kläger. Damit würde sich das Projekt nicht mehr rentieren.
Diese Auflagen seien verhältnismäßig, da Vermieter und Hausverwaltung Recht beachten müssten, hieß es seitens Haus & Grund Kiel auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Mini-Solaranlage: Statik und technische Sicherheit
Mieter-Anwalt Dirk Legler sprach von "fadenscheinigen Gründen" und einer "Salamitaktik". Die Anlage habe eine Leistung von 600 Watt. Die Leistung vieler Staubsauger bewege sich in diesem Bereich, die Leistung von Waschmaschinen deutlich darüber. Es mache keinen Unterschied für die Elektrik im Haus, ob Strom erzeugt oder verbraucht werde, so Legler. Zur Statik sagte er, die Anlage wiege 20 Kilogramm. Zudem müsse der Vermieter für die technische Sicherheit sorgen.
Haus & Grund befürworte das Förderprogramm für Balkonkraftwerke in Schleswig-Holstein "hundertprozentig", hieß es zu der Klage. Einige wenige Faktoren seien aber zu beachten. Der Balkon müsse ausreichend Tragfähigkeit haben und angesichts der Windlasten im Land sei die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. "Das heißt, die Solaranlage darf nicht herunterfallen können. Schließlich darf auch aus Denkmalschutzgründen nicht an jedem Balkon eine Solaranlage installiert werden", sagte Haus & Grund Kiel.
Der Rechtsstreit werde Klarheit bringen, welche Anforderungen an Mieter bei der Anbringung eines Solarmoduls gestellt werden können oder eben auch nicht, erklärte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am 24. August in Berlin. Die Organisation unterstützt die Klage und hofft auf ein Grundsatzurteil – die Mini-Solaranlage in Kiel sei "mit unsachlichen und überzogenen Forderungen" untersagt worden.
Bauliche Veränderung und Ermessen des Vermieters
"Üblicherweise ist im Mietvertrag vereinbart, dass eine bauliche Veränderung in der Wohnung oder auf dem Balkon grundsätzlich der Zustimmung des Vermieters bedarf", erklärte dazu Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Das sei die aktuelle Rechtslage.
Die Installation einer Fotovoltaikanlage, und darum handele es sich bei den Balkonkraftwerken, sei eine bauliche Veränderung. Es liege im Ermessen des Vermieters, ob er dem Wunsch der Mieter zustimmt oder nicht. Problematisch könne es zum Beispiel werden, wenn der Mieter bei der Anbringung der Solaranlage die Fassade des Gebäudes inklusive Dämmung beschädigt.
"Die Tatsache, dass ein Balkonkraftwerk sich bei Berücksichtigung gesetzlicher Anforderungen für den Mieter nicht rechnet, darf nicht dem Wohnungsunternehmen angelastet werden", sagte Breitner. Der Verband sehe den Beitrag zur Energiewende, allerdings wolle man kein "Wildwest in Balkonien".
Gerichte urteilen uneinheitlich
Die Mehrheit der Streitigkeiten um die beliebten Balkonkraftwerke landet vor Gericht, weil eine Genehmigung durch den Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) fehlt oder weil eine optische Beeinträchtigung der Fassade bemängelt wird. Dabei urteilten die Gerichte in der Vergangenheit unterschiedlich.
Bauliche Veränderung: Beeinträchtigung der Fassade
Das AG Konstanz (Urteil v. 2.2.2023, 4 C 369/22) gab im Februar 2023 einer WEG Recht, weil die von Eigentümern installierte Mini-Solaranlage auf dem Balkon die Optik der Fassade beeinträchtige. Bauliche Veränderungen bedürfen unmissverständlich der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
Anspruch auf Beseitigung nur aus triftigem Grund
Auch eine Vermieterin in Stuttgart widersprach der Installation eines Balkonkraftwerks. Als die Mieter eine Anlage in Betrieb nahmen, klagte sie vor dem AG Stuttgart (Urteil v. 30.3.2021, 37 C 2283/20) auf Entfernung und verlor. Zwar stehe der Klägerin wegen der fehlenden Zustimmung ein Anspruch auf Beseitigung zu, hierfür sei allerdings ein triftiger Grund notwendig. Da die besagte Anlage baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar, fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert und im Sinne der politisch angestrebten Energiewende sogar vorteilhaft sei, müsse die Vermieterin die Anlage dulden, so das Gericht.
Solarmodule am Balkongeländer: Sicherheit geht vor
Mieter einer Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) in Thüringen mussten eine Anlage mit Solarmodulen demontieren, die – zudem ohne Genehmigung – oberhalb des Balkongeländers angebracht worden war. Das entsprach nicht den Sicherheitsvorschriften. Da diese auch nach 2 Gerichtsurteilen im Jahr 2021 nicht abgenommen wurden, kam es laut ...