Die Erleichterungen im Mietrecht sind noch nicht in Kraft, da boomen Balkonkraftwerke schon – oft zum Ärger von Vermietern, wenn sich Mieter bei der Installation nicht an Vorgaben halten. Mancher Streit landet vor Gericht.
Unklare Vorgaben hinsichtlich der Installation von sog. Balkonkraftwerken sorgen immer wieder für Streit zwischen Mietern und Vermietern oder Hausverwaltungen. Vor Gericht wurde bereits der eine oder andere Fall entschieden – nach aktuellem Recht.
Im Juli 2024 hat der Bundestag eine miet- und wohnungseigentumsrechtliche Vereinfachung zur Nutzung der kleinen Steckersolaranlagen beschlossen. Mit den neuen Regelungen erhalten Mieter einen rechtlichen Anspruch. Konflikte dürfte es weiterhin geben. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren.
Ist Mietern nach dem neuen Recht alles erlaubt?
Ausgangspunkt ist, dass bauliche Veränderungen durch Mieter die Erlaubnis des Vermieters bedürfen. "Gerichte haben in der Vergangenheit entschieden, dass diese das äußere Erscheinungsbild des Balkons oder Daches dauerhaft verändern", erklärt Charlotte Peitsmeier, Rechtsanwältin bei Koenen Bauanwälte. Vermieter konnten deshalb die Zustimmung zum Einbau einer Steckersolaranlage bislang ohne Begründung verweigern.
Das im Juli verabschiedete Gesetz sieht vor, dass es sich bei Steckersolargeräten um privilegierte bauliche Veränderungen handelt, die ein Vermieter akzeptieren muss. Damit haben Mieter künftig einen rechtlichen Anspruch auf Errichtung eines Balkonkraftwerks. "Der Wunsch darf nur in absoluten Ausnahmefällen versagt werden", so Peitsmeier. Im Mietvertrag können aber Vorgaben getroffen werden, wie groß, wie viele und in welcher Farbe die Module sind. Auch die Verkehrssicherungspflichten bleiben die alten.
Außerdem müssen die Mieter weiterhin im Vorfeld mit dem Vermieter Rücksprache halten, welche Anforderungen gestellt werden, rät die Anwältin. Bei Sicherheitsbedenken könnten Vermieter den Einbau durch ein Fachunternehmen verlangen. An dieser Stelle ergänzt Markus Struck, Mitgründer der Kleines Kraftwerk DE GmbH: "Die meisten Balkonkraftwerke werden mit einer modifizierten Dachanbringung geliefert. Sie bietet besonders für die Montage an Balkongeländern nicht den besten Schutz."
AG Kiel: Streitpunkt Statik und technische Sicherheit
Ein Paar klagte vor dem Amtsgericht (AG) Kiel gegen ein Verbot zur Anbringung eines Balkonkraftwerks gegen die Hausverwaltung Haus und Grund vor Ort. Die hatte ein Gutachten zur Statik des Balkons, ein Brandschutzgutachten und die Prüfung der gesamten Hauselektrik verlangt – damit würde sich das Projekt nicht mehr rentieren, berichteten die Kläger. Diese Auflagen seien verhältnismäßig, weil ein Vermieter – und die Hausverwaltung – geltendes Recht beachten müssten, hieß es von Seiten des Unternehmens.
Mieter-Anwalt Dirk Legler sprach von "fadenscheinigen Gründen" und einer "Salamitaktik". Die Anlage habe eine Leistung von 600 Watt. Die Leistung vieler Staubsauger bewege sich in diesem Bereich, die Leistung von Waschmaschinen deutlich darüber. Es mache keinen Unterschied für die Elektrik im Haus, ob Strom erzeugt oder verbraucht werde, so Legler. Zur Statik sagte er, die Anlage wiege nur 20 Kilogramm. Zudem müsse der Vermieter für die technische Sicherheit sorgen.
Die Mieter setzten sich durch. Das Balkonkraftwerk durfte angebracht werden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unterstützte die Klage und hoffte auf ein Grundsatzurteil, das kam aber nicht. Die Vermieterin gab den Widerstand per Anerkenntnisurteil auf. Die Entscheidung des AG Kiel von September 2023 beruht auf der aktuellen Rechtslage.
Solarstrom vom Balkon: Gerichte urteilten uneinheitlich
Die Mehrheit der Streitigkeiten um die beliebten Balkonkraftwerke landete vor Gericht, weil eine Genehmigung durch den Vermieter fehlte oder weil eine optische Beeinträchtigung der Fassade bemängelt wurde. Dabei urteilten die Gerichte in der Vergangenheit unterschiedlich.
Anspruch auf Beseitigung: nur aus triftigem Grund
Eine Vermieterin in Stuttgart widersprach der Installation eines Balkonkraftwerks. Als die Mieter eine Anlage in Betrieb nahmen, klagte sie vor dem AG Stuttgart auf Entfernung und verlor.
Zwar stehe der Klägerin wegen der fehlenden Zustimmung ein Anspruch auf Beseitigung zu, hierfür sei allerdings ein triftiger Grund notwendig. Da die besagte Anlage baurechtlich zulässig, optisch nicht störend, leicht rückbaubar, fachmännisch ohne Verschlechterung der Mietsache installiert und im Sinne der politisch angestrebten Energiewende sogar vorteilhaft sei, müsse die Vermieterin die Anlage dulden, so das Gericht.
AG Stuttgart, Urteil v. 30.3.2021, 37 C 2283/20
Solarmodule am Balkongeländer: Sicherheit geht vor
Mieter einer Wohnungsbaugenossenschaft (WBG) im thüringischen Ilmenau mussten eine Anlage mit Solarmodulen demontieren, die – zudem ohne Genehmigung – oberhalb des Balkongeländers angebracht worden war. Das entsprach nicht den Sicherheitsvorschriften. Da diese auch nach zwei Gerichtsurteilen im Jahr 2021 nicht abgenommen wurden, kam es la...