Wie oben bereits erwähnt,[1] sieht das bereits vom Bundestag verabschiedete "Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen" die Ausgestaltung von Steckersolargeräten, sog. Balkonkraftwerken, als privilegierte bauliche Veränderung vor. Durch entsprechende Erweiterung von § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG werden die Wohnungseigentümer mit Inkrafttreten des Gesetzes voraussichtlich im Oktober/November 2024 Anspruch auf Gestattung der Montage derartiger Solaranlagen haben. Auch Mietern wird durch Erweiterung von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB ein entsprechender Anspruch gegen ihre Vermieter verliehen.

Konkret haben die Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Gestattung der Montage einer Steckersolaranlage entweder im Bereich ihres Balkons oder ihrer Terrasse.

 

Steckersolargerät

Unter Steckersolargeräten werden gemäß den technischen Normen des VDE/FNN derzeit kleine Photovoltaik-Anlagen bis maximal 800 Watt Wechselrichterleistung verstanden. Der in der Regel integrierte Wechselrichter wandelt den Gleichstrom, den die Solarzellen bei Sonneneinstrahlung erzeugen, in Wechselstrom um. Ein Anschlusskabel verbindet den Wechselrichter mit der Steckdose.

Das "Ob" der Montage

Das Ermessen der Wohnungseigentümer hinsichtlich des "Ob" der Gestattung ist wie bei den anderen privilegierten Maßnahmen der baulichen Veränderungen regelmäßig auf Null reduziert. Begehrt also ein Wohnungseigentümer die Gestattung der Montage eines Balkonkraftwerks und erreicht der entsprechende Beschlussantrag nicht die erforderliche Mehrheit, wird eine Beschlussersetzungsklage gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG erfolgreich sein. Bereits insoweit ist die aktuelle BGH-Rechtsprechung[2] zu den privilegierten Maßnahmen des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG zu beachten. Hiernach besteht ein Anspruch auf eine privilegierte Maßnahme der baulichen Veränderung, wenn diese einem der gesetzlich privilegierten Zwecke dient.

Das "Wie" der Montage

Bezüglich des "Wie" der Maßnahme ist den Wohnungseigentümern im Rahmen der Beschlussfassung allerdings ein Ermessen eingeräumt, denn auch das Begehren nach Gestattung eines Balkonkraftwerks muss angemessen sein. Allerdings ist auch hier die vorerwähnte BGH-Rechtsprechung zu berücksichtigen, auf die auch die Gesetzesbegründung Bezug nimmt und klarstellt, dass der Anspruch auf Montage von Steckersolargeräten nicht durch überzogene Vorgaben bezüglich des "Wie" ausgehöhlt werden darf.[3] Insoweit ist auch der Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 WEG bewusst offen ausgestaltet. Da der Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen besteht, die "der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte" dienen, wird deutlich, dass derartige Geräte nicht nur an Balkonbrüstungen zur Montage kommen können, was zwar der häufigste Fall sein dürfte, sondern auch im Bereich von Terrassen und Grünflächen.

Die Wohnungseigentümer haben insoweit die Möglichkeit

  • der Einzelgestattung oder aber
  • der Beschlussfassung über eine grundsätzliche Gestattung der Montage von Balkonkraftwerken unter Festlegung der maßgeblichen Rahmenbedingungen.

Letzteres empfiehlt sich bereits zur Schaffung eines einigermaßen einheitlichen Erscheinungsbilds.

Mindestkriterien sind hierbei

  • Vorgaben über Größe,
  • farbliche Gestaltung,
  • Anzahl der zu verbauenden Solarmodule,
  • ggf. der Nachweis sturmsicherer Montage durch ein Fachunternehmen und
  • selbstverständlich muss der Versicherungsschutz geklärt sein.

Grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage

Bauliche Veränderungen dürfen nach § 20 Abs. 4 WEG u. a. dann nicht beschlossen werden, wenn die jeweilige Baumaßnahme zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen würde. Insoweit hat der BGH[4] klargestellt, dass im Fall einer Maßnahme der baulichen Veränderung, die der Verwirklichung eines der Zwecke des § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage zumindest typischerweise nicht anzunehmen ist. Der Gesetzgeber hat im gesamtgesellschaftlichen Interesse bestimmte Kategorien von Maßnahmen der baulichen Veränderung privilegiert. Dem ist bezüglich der Frage, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, insoweit im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen.

Insoweit weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass eine grundlegende Umgestaltung auch dann nicht anzunehmen sein wird, wenn Steckersolargeräte bei mehreren oder allen Sondereigentumseinheiten montiert werden.[5] Eine andere Betrachtungsweise würde auch zu sachfremden Ergebnissen und insbesondere einer Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führen.

 

Vermietete Eigentumswohnung

Auch Mieter haben aufgrund entsprechender Erweiterung von § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Erlaubnis der Montage von Balkonkraftwerken gegen ihre Vermieter. Für vermietende Wohnungseigentümer gilt es insoweit zu beachten, dass die vermieterseitige Erlaubnis den wohnungseigentumsrechtlich erforderlichen Gestattungsbeschluss n...

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