1 Leitsatz

Als Folge von § 21 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 WEG kann nach einem Beschluss gem. § 20 Abs. 1 WEG außerhalb des Grundbuchs faktisch ein gesetzliches Sondernutzungsrecht einzelner bzw. ein Gruppensondernutzungsrecht mehrerer Wohnungseigentümer entstehen.

2 Normenkette

§§ 14 Abs. 1, 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Satz 2, 44 Abs. 1 Satz 2 WEG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K begehrt im Wege der Beschlussersetzungsklage den Rückbau einer durch Wohnungseigentümer Z errichteten Erweiterung einer Terrasse (13,28 m²). Die Erweiterungsfläche steht im gemeinschaftlichen Eigentum. Ein Sondernutzungsrecht ist nicht vereinbart. Bei der Erweiterung handelte es sich um einen Schwarzbau, den die Wohnungseigentümer im Jahr 2021 aber genehmigt hatten.

Das AG gibt der Beschlussersetzungsklage statt. Es urteilt, "die Eigentümergemeinschaft beschließt, dass B die bauliche Veränderung der Terrasse zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen hat". K habe einen Anspruch auf diesen Beschluss, da es wegen der unzulässigen baulichen Veränderung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Rückbau verlange. Der Genehmigungsbeschluss sei mangels Beschlusskompetenz nichtig. Er führe nämlich zu einer faktischen Vergrößerung des Sondereigentums des Z und zur Schaffung eines faktischen und umfassenden Sondernutzungsrechts. Hierfür sei auch nach der WEG-Reform eine Vereinbarung erforderlich. Hiergegen richtet sich die Berufung.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! K habe keinen Anspruch auf die begehrte Beschlussersetzung. Seinem Antrag stehe der Beschluss entgegen, mit dem die Terrassenerweiterung des Miteigentümers gem. § 20 Abs. 1 WEG legitimiert worden sei. Es könne dahinstehen, ob der Beschluss gegen § 20 Abs. 4 WEG oder dessen Wertungen, die im Rahmen des § 18 Abs. 2 WEG bei der Bestimmung der Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung zu berücksichtigen seien, verstoße. Denn der Beschluss sei mangels Anfechtung bestandskräftig geworden.

Der Beschluss sei auch nicht nichtig. Dem AG sei zwar zuzugeben, dass es nicht allein um die Gestattung einer bereits vorgenommenen baulichen Veränderung und Vergrößerung der Terrasse um 13,28 m² gehe. Z sei durch den Beschluss ein alleiniges Nutzungsrecht an der Terrasse gewährt worden. Auch sei richtig, dass dies faktisch dazu führe, dass Z einen Teil der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gartenfläche unter Ausschluss der übrigen Miteigentümer künftig zur alleinigen Nutzung erhalte. Diese nur schwer mit dem Gerechtigkeitsempfinden vereinbare Beschlusslage sei jedoch von der Beschlusskompetenz umfasst und entspreche dem Willen des Gesetzgebers. § 21 Abs. 1 bis 3 WEG ordneten ausdrücklich an, dass denjenigen Wohnungseigentümern, welche die Kosten für eine bauliche Veränderung zu tragen hätten, die Nutzungen daran zustünden, worunter auch das Alleingebrauchsrecht zu verstehen sei. Auf diese Weise könne über diese gesetzlichen Regelungen zu den Kosten und Nutzungen als Folge des Beschlusses gem. § 20 Abs. 1 WEG außerhalb des Grundbuchs faktisch ein gesetzliches Sondernutzungsrecht einzelner, bzw. ein Gruppensondernutzungsrecht mehrerer Wohnungseigentümer entstehen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Nach § 21 Abs. 1 Satz 2 WEG gebühren vorübergehend nur dem Bauherrn die Nutzungen einer baulichen Veränderung, die er bezahlt hat. Im Fall wird fraglich, ob dies auch für die Erweiterung einer Terrasse gilt.

Begriff der Nutzung

Der Begriff der "Nutzung" meint die neuen Nutzungsmöglichkeiten, die auf baulichen Veränderungen beruhen. Es sind solche Nutzungen, die ohne die bauliche Veränderung nicht gezogen werden könnten. Die bauliche Veränderung muss daher m. E. eine neue Gebrauchsmöglichkeit schaffen. Nicht ausreichend ist daher eine bloße Markierung oder, wie im Fall, die Pflasterung einer Fläche (BeckOK WEG/Elzer, 51. Ed. 1.1.2023, WEG § 21 Rn. 16). Das LG sieht das anders!

6 Entscheidung

LG Düsseldorf, Urteil v. 11.11.2022, 19 S 19/22

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